Commerzbank:Kompetent und einfühlsam

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Aufsichtsratschef der Commerzbank: offenbar kein attraktiver Job. Mehrere externe Kandidaten sollen abgesagt haben, und Ex-Risikovorstand Stefan Schmittmann ließ sich lange bitten. (Foto: Martin Leissl/Bloomberg)

Die Suche nach einem neuen Aufsichtsratschef für die Commerzbank verlief seltsam zäh. Aber jetzt hat das Institut einen gefunden.

Von Andrea Rexer und Meike Schreiber, Frankfurt/München

Die Suche nach einem neuen Aufsichtsratschef der Commerzbank hatte sich zuletzt derart lange hingezogen, dass sie in Frankfurt schon zu einer Art Running Gag geworden war. Nun aber ist die Entscheidung gefallen, wer das Institut kontrollieren soll, das sich seit der Finanzkrise immer noch zu einem kleinen Teil in Staatsbesitz befindet. Am Mittwoch teilte die Bank während einer Aufsichtsratssitzung mit, die Wahl sei auf Stefan Schmittmann gefallen und damit auf einen internen Kandidaten. Der 59-Jährige war bis Ende 2015 Risikovorstand der Commerzbank und soll den langjährigen Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller im Mai 2018 ablösen. Der Aufsichtsrat beabsichtigt ihn dann der Hauptversammlung zur Wahl vorzuschlagen, hieß es in einer eher karg formulierten Pflichtmitteilung.

Müller bleibt nun doch bis Vertragsende 2018 im Amt

Die Personalie ist eine der wichtigsten auf dem deutschen Bankenmarkt seit der Ernennung der neuen Vorstandschefs von Commerzbank und Deutscher Bank. Nicht nur der Marktführer, auch die Commerzbank steckt erneut in einer tiefen Krise: Die Erträge brechen weg, die Kosten sind zu hoch. Beide Geldinstitute stehen für die Misere der deutschen Banken, deren Börsenkapitalisierung und Rendite im internationalen Vergleich immer weiter zurückfallen. Der seit Mai amtierende Commerzbank-Chef Martin Zielke will daher Ende September mit einer neuen Strategie an die Öffentlichkeit gehen.

Wie auch immer die neue Strategie aussieht, sie fällt nun weiter unter die Verantwortung von Aufsichtsratschef Müller. Eigentlich sollte der Rheinländer sein Amt schon früher zur Verfügung stellen. Er selbst hatte gesagt, er "klebe nicht an seinem Stuhl". Mit der Wahl Schmittmanns muss Müller aber bis zu seinem Vertragsende im Amt bleiben. Nach Aktiengesetz und den Regeln guter Unternehmensführung dürfen Vorstände frühestens 24 Monate nach Niederlegung ihres Amtes in den Aufsichtsrat des Unternehmens wechseln. Diese als "Cooling-off-Periode" bezeichnete Frist soll die Arbeit der Aufsichtsräte und ihre Unabhängigkeit verbessern.

Der Neue wird wohl kein ganz unabhängiger Kontrolleur sein

Schmittmann hatte sein Vorstandsamt zum Jahresende 2015 überraschend und vor Vertragsende aufgegeben. Bereits seit November 2015 hatte eine Findungskommission unter BDI-Hauptgeschäftsführer und Aufsichtsratsmitglied Markus Kerber nach einem geeigneten Kandidaten umgeschaut. In Frankfurt hatten daher viele mit einem externen Kandidaten gerechnet. Dem Haus, das seine Führung zumeist von innen rekrutiert, hätte das nach Meinung vieler durchaus gut getan. Ein "Externer" aber war offenbar schwer zu finden. Aufsichtsräte müssen im schlimmsten Fall für Fehler haften. Gerade bei Banken kann das teuer werden, was einige Kandidaten abgeschreckt haben soll, zumal die vorgesehene Fix-Vergütung von 200 000 Euro im Jahr vielen Bank-Topmanagern nur ein müdes Lächeln entlockt. Zudem stellen die Aufseher seit der Finanzkrise hohe Anforderungen an Bankaufsichtsräte. Dass etwa ein Ex-Politiker oder ein Branchenfremder den Aufsichtsratsvorsitz einer Großbank wie der Commerzbank übernimmt, hätte die Bankenaufsicht der EZB wohl kaum genehmigt.

Kommentar
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Die Wahl Schmittmann liegt daher nahe. Wie zu hören ist, hat er sich jedoch durchaus bitten lassen, das Amt zu übernehmen. In der Bank genießt er einen guten Ruf. Weggefährten beschreiben ihn als kompetent, verbindlich und einfühlsam im Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen. Zudem habe er nicht nur Erfahrung mit Risiken, sondern auch langjährige Vertriebserfahrung. 2008 war der an der Elite-Universität St. Gallen promovierte Volkswirt von der HypoVereinsbank zur Commerzbank gekommen. Fünf Jahre lang arbeitet er Seite an Seite mit dem heutigen Vorstandschef Martin Zielke.

Nach der Zweijahres-Frist mag Schmittmann einen unabhängigeren Blick auf die Lage des Hauses haben: Von seinem Werdegang her ist der neue Aufsichtsratschef jedoch Commerzbanker durch und durch. Als Kontrolleur wird er es außerdem fast zwangsläufig mit Kreditengagements zu tun haben, die er selbst noch als Risikovorstand genehmigt hat. Viele Darlehen laufen länger als nur zwei Jahre.

Auch Müller wurde häufig vorgeworfen, ihm fehle die kritische Distanz zu den eigenen Entscheidungen. Schließlich fielen in seine Amtszeit als Vorstandschef jene Beschlüsse, die der Commerzbank in der Finanzkrise Schwierigkeiten bereitet haben. So hatte er 2005, als damaliger Commerzbank-Chef, den Kauf des Immobilienfinanzierers Eurohypo eingefädelt, der Jahre später Milliardenverluste einfuhr und abgewickelt werden musste. Auch die Fusion mit der Dresdner geht auf Müller zurück. Sie war der Hauptgrund, warum die Commerzbank Staatshilfe annehmen musste.

Inzwischen gilt die Commerzbank als saniert. Als dauerhaft stabil erweist sich ihr Geschäftsmodell trotzdem nicht. Das mag daran liegen, dass Zielkes Vorgänger Martin Blessing und Müller harte Einschnitte gescheut haben. Wie weit sich nun Zielke vorwagt, wird in Kürze klar. Im Mittelstandsgeschäft, so viel zeichnet sich ab, droht ein Stellenabbau.

© SZ vom 08.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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