Die Deutsche Bank steht Finanzkreisen zufolge vor einer milliardenschweren Kapitalerhöhung. Der Aufsichtsrat des Frankfurter Geldhauses berate am Sonntagabend über den Schritt, mit dem auch eine neue strategische Marschroute verbunden sei, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Das Handelsblatt berichtete, die Deutsche Bank wolle acht Milliarden Euro mit der Ausgabe neuer Aktien einsammeln. Damit würde die Bank ihre Kapitaldecke um rund ein Viertel aufstocken. Laut Financial Times will die Herrscher-Familie von Katar mehr als ein Fünftel der neuen Aktien zeichnen. Sie solle als Ankerinvestor den Erfolg der Platzierung absichern.
Die Deutsche Bank verwies auf die jüngsten Aussagen von Co-Chef Anshu Jain. Er hatte bei der Vorstellung der Quartalszahlen Ende April eine Kapitalerhöhung ausdrücklich nicht ausgeschlossen. "Kapital hat absolut Vorrang", sagte Jain. "Wir werden alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um unsere Kapitalquoten zu sichern. Wir schließen keine Option aus."
Die Deutsche-Bank-Führung um Jain und Jürgen Fitschen bangt ohne zusätzliches Geld um ihre Position im Investmentbanking. Dort droht sie wegen ihrer knappen Kapitaldecke zunehmend den Anschluss an US-Konkurrenten wie JPMorgan und Goldman Sachs zu verlieren, die besser mit Eigenkapital ausgestattet sind. Finanzkreisen zufolge soll die harte Kernkapitalquote mit der Kapitalerhöhung auf bis zu zwölf Prozent steigen. Derzeit kommt die Deutsche Bank nur auf 9,5 Prozent. Bisher hatte sie sich zehn Prozent bis März 2015 zum Ziel gesetzt, die sie mit der Einbehaltung von Gewinnen erreichen wollte.
Zweitgrößte Kapitalerhöhung in der Geschichte der Bank
Laut Handelsblatt besteht die Kapitalerhöhung aus zwei Teilen. Ein Teil der neuen Aktien soll direkt an einen Großinvestor gehen, der mit fünf bis acht Prozent zum neuen Ankeraktionär der Deutschen Bank werden soll. Die Zeitung benennt jedoch den Investor im Gegensatz zur Financial Times nicht. Der Rest soll den bestehenden Aktionären mit einem Abschlag von 25 bis 30 Prozent auf den aktuellen Kurs zum Kauf angeboten werden, die begleitenden Investmentbanken garantierten für Platzierung. Der Abschlag entspräche einem Ausgabepreis zwischen 21,50 und 23 Euro. Am Freitag war die Aktie mit 30,74 Euro aus dem Handel gegangen. Der Zeitung zufolge soll die Platzierung bis Ende Juni abgeschlossen sein.
Es wäre die zweitgrößte Kapitalerhöhung in der Geschichte der Deutschen Bank. 2010 hatte sie zehn Milliarden Euro vor allem für die Übernahme der Postbank eingesammelt, vor einem Jahr hatte sie ihre harte Kernkapitalquote mit einer drei Milliarden Euro schweren Emission von weniger als sechs auf fast neun Prozent geschraubt. Doch im internationalen Vergleich gilt das bereits wieder als zu wenig. "Die Regulierer legen die Latte von Quartal zu Quartal höher", hatte Jain Ende April geklagt.
Für zusätzliche Unsicherheit sorgt der laufende "Bilanz-TÜV" der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Deutsche Bank hat viele schwer zu bewertende Unternehmsteile und Papiere in der Bilanz. Finanzchef Stefan Krause hatte es als "die große Unbekannte" bezeichnet, wie die Prüfer damit umgingen. Laut Handelsblatt fürchten Jain und Fitschen, dass die Stresstests eine Welle von Kapitalerhöhungen in der Bankenbranche auslösen könnten. Die Deutsche Bank wolle daher vor der Konkurrenz am Markt sein. Auch große Investoren hatten zuletzt offen Bereitschaft für einen Kapitalschritt gezeigt. Einige drängten die Bank sogar, mehr zu tun, um sich nicht von der US-Konkurrenz das Wasser abgraben zu lassen.