Banken:Auf dem Abstiegsplatz

Der Aktienkurs der Deutschen Bank ist auf einem historischem Tief. Schuld sind nicht hausgemachte Probleme, sondern Sorgen um das Bankensystem.

Von Andrea Rexer

Wenn John Cryan nach dem Aktienkurs seines Hauses gefragt wird, antwortet er meist mit einer wegwerfenden Geste. Oder mit einem Schulterzucken. Was soll er auch sagen? Der Aktienkurs der Deutschen Bank kennt seit Jahren nur eine Richtung: abwärts. An diesem Mittwoch kostete ein Anteilsschein an Deutschlands größtem Geldhaus zwischenzeitlich nur mehr 11,32 Euro. So niedrig stand der Kurs seit Einführung des deutschen Aktienindex Dax im Jahr 1988 nicht.

Cryan, so heißt es, tröstet sich schon mal damit, dass es eigentlich nicht mehr viel tiefer geht, weil die meisten Investoren die Papiere der Bank nicht freiwillig halten, sondern sie halten müssen: Die Rede ist von passiven Fonds, die sich an Indizes orientieren und deren Zusammensetzung nachbilden. Allein aufgrund ihrer Größe ist die Deutsche Bank in den wichtigsten Börsenbarometern vertreten und somit müssen Investoren, die in diese Indizes investieren, auch Papiere der Deutschen Bank kaufen.

Die Probleme der italienischen Banken könnten die Krise wieder aufflammen lassen

Doch womöglich kann sich Cryan damit nicht mehr lange trösten. Denn jetzt kündigt sich der erste Abstieg an: Die Bank könnte mit Wirkung zum 8. August aus dem Benchmark-Index Stoxx Europe 50 fallen. Das stellte Uwe Streich, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg in einer Studie fest. Gelingt es der Bank nicht, bis Ende des Monats den Aktienkurs nach oben zu treiben, könnte sie auf unsanftem Wege aus dem Index geworfen werden. "Fast Track" nennen es die Experten, weil zwischen der Entscheidung und der Umsetzung nur eine Woche liegt.

Tröstlich für die Deutsche Bank ist, dass der Stoxx Europe 50 ein vergleichsweise kleiner Index ist. Im Stoxx Europe 50 sind die 50 größten europäischen Unternehmen zusammengefasst. Das am höchsten bewertete Unternehmen im Index ist derzeit der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé. Bedeutender für Anleger ist der Euro Stoxx 50, in dem nur Euro-Werte aufgenommen werden. Bei Anlegern aus der Euro-Zone ist er beliebter, weil sie sich damit keine Währungsrisiken aufhalsen.

Hintergrund für den Kursverfall sind weniger die hausgemachten Probleme der Deutschen Bank, als vielmehr eine allgemeine Sorge um die Banken. Dazu passt, dass auch der zweite Abstiegskandidat im Stoxx Europe 50 eine Bank ist - die Credit Suisse. Deren Aktienkurs fiel am Mittwoch unter zehn Franken. An den Finanzmärkten macht sich die Sorge vor einem Wiederaufflammen einer Bankenkrise breit. Die Geldhäuser leiden unter den Unruhen an den Finanzmärkten im Nachgang des Brexit-Referendums, da sie konjunkturellen Schwankungen besonders ausgesetzt sind. Hinzu kommen Spekulationen über die Stabilität des italienischen Bankensystems. Lorenzo Bini Smaghi, italienischer Ökonom und Aufsichtsratsmitglied der französischen Bank Société Generale warnte vor einem erneuten Aufflammen der Bankenkrise ausgelöst durch die italienischen Problemfälle.

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