Bahnverkehr:Anzeigen für alle

Streik der Lokführer- Köln

Die Informationspflicht gilt immer: Bahnreisende am Flughafen Köln.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Ob 3000 Reisende am Tag oder 300 - die Bahn muss laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch an kleinen Haltestellen aktiv über Verspätungen informieren. Der Konzern will die Maßgabe nun schnell umsetzen.

Von C. Pollmer und F. Wilke, Dresden/München

Wer in Rosenau bei Grafenau am Gleis steht, der kann im Zweifel lange warten. Der Bahnhof im Bayerischen Wald ist deutschlandweit eine von etwa 300 Stationen, in denen weder Anzeigen noch Lautsprecherdurchsagen auf eine Zugverspätung hinweisen. Das wird sich wohl bald ändern. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Mittwoch in dritter Instanz entschieden, dass die Bahn auch an kleinen Haltepunkten über Verspätungen informieren muss.

Dem Urteil war ein jahrelanger Streit zwischen dem Eisenbahnbundesamt und der bei der Bahn zuständigen DB Station & Service AG vorausgegangen. Die Bahn hatte ohne Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Köln geklagt, die Berufung war vom Oberverwaltungsgericht in Münster zurückgewiesen worden. Das Bundesverwaltungsgericht führte nun zur Begründung an, die Informationspflicht ergebe sich aus der Fahrgastrechte-Verordnung der Europäischen Union.

Gefordert sei dabei "eine aktive Unterrichtung der Fahrgäste". Es reiche nicht aus, dass die Bahn eine Telefonnummer aushängt, über die Verspätungen erfragt werden können. Die Informationspflicht bestehe im Übrigen nicht nur an den bereits entsprechend ausgerüsteten Bahnhöfen. Vielmehr müssten an allen Stationen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Die Bahn habe auch nicht nachweisen können, dass dies unverhältnismäßig teuer wäre. Nach EU-Recht seien befristete Ausnahmen zulässig. Deutschland habe solche Ausnahmeregelungen aber bislang nicht getroffen. Das Eisenbahnbundesamt hatte den Bahnhofsbetreiber im DB-Konzern deswegen 2010 verpflichtet, alle Haltepunkte mit "Dynamischen Schriftanzeigern" (DSA) oder wenigstens Lautsprechern auszustatten.

Die Bahn hatte daraufhin Bahnhöfe mit der nötigen Technik ausgerüstet - aber eben nicht alle. Ende dieses Jahres werde es bei insgesamt 5400 Bahnhöfen maximal noch 100 Haltepunkte ohne Anzeigen geben, teilte die Bahn am Mittwoch mit. Sie hat nach dem Urteil 18 Monate Zeit, die Ausstattung von Bahnhöfen mit mehr als 300 Reisenden pro Tag zu verbessern. Bei kleineren Haltepunkten mit weniger als 100 Fahrgästen bekommt die Bahn vier Jahre Zeit.

Für Haltepunkte, an denen täglich 20 Reisende oder weniger verkehren, hatte die Bahn eine Bagatellgrenze gefordert. Ihr Anwalt Olaf Otting sagte in der Verhandlung in Leipzig: "Es können nicht an einem Haltepunkt, wo am Tag drei Leute aussteigen und der nicht mal einen Stromanschluss hat, die gleichen Anforderungen gelten wie zum Beispiel am Hauptbahnhof Leipzig, der natürlich die technischen Voraussetzungen hat." Der Bahn zufolge koste es etwa 50 000 Euro, einen Haltepunkt ohne Stromanschluss mit einer Anzeige auszustatten.

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte das Urteil. "Die Informationspflicht kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob 300 am Tag einsteigen oder 3000. Die Betroffenheit ist bei jedem Einzelnen dieselbe", sagte Karl-Peter Naumann. Wenn Regeln gemacht würden, müssten sie aber auch für alle gelten - die Pflicht solle deshalb auf konkurrierende Verkehrsmittel übertragen werden: "Ich denke da insbesondere an die Fernbusse. Wenn Sie da mal ohne Handy in der Pampa stehen, sehen Sie alt aus."

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