Bahn/GDL:David auf der Lok

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Auch wenn am Donnerstag erst einmal nicht gestreikt wird: Im Tarifstreit bei der Bahn ringt David mit Goliath. Warum unsere Sympathie den Lokführern gehören sollte.

Marc Beise

Es ist interessant, dass sich der Zorn der Deutschen offenkundig immer noch nicht einhellig gegen die Lokführer richtet - obwohl sie bis zu 30 Prozent mehr Lohn fordern und seit Wochen den Bahnverkehr im Land bedrohen und mitunter stilllegen.

Die Zahl derer, die dennoch Verständnis für die renitenten Arbeitnehmer im Führerstand haben, ist unverändert groß. Und dies, obwohl Politik und Medien sich weitgehend auf die Lokführer eingeschossen haben. Maßlos und unbelehrbar, heißt es, sei ihre Spezial-Gewerkschaft GDL. Man kann die Dinge auch anders sehen.

Die Lokführer sind sträflich unterbezahlt

Es ringt hier eine Berufsgruppe um Geld und Einfluss, die angesichts ihrer Stellung im Bahngefüge sträflich unterbezahlt ist.

Lokführer sind keine besseren Menschen als Zugbegleiter oder Büromenschen, aber niemand repräsentiert die Bahn so wie der Mann oder die Frau ganz vorne im Zug - mag er nun noch eigenverantwortlich handeln oder unter der Kontrolle von Computern und Fahrdienstleitern stehen. Die GDL wiederum kämpft darum, als kleine, aber eigenständige Berufsvertretung zu bestehen.

Bahnchef Hartmut Mehdorn betont zwar, er wolle die Gewerkschaft der Lokführer nicht "vernichten'', aber sie ist ihm lästig; so lästig, dass er sich in der Wortwahl vergreift und von "Krieg'' spricht. Es war ja auch so einfach, mit den Chefs der großen Gewerkschaften im stillen Kämmerlein Geschäfte zu machen, da soll nur keiner stören.

Genau dies aber wagt die GDL und bricht aus dem Tarifdiktat aus, das alle Berufsgruppen bei der Bahn über einen Kamm scheren will. Es ist dies ein Kampf David gegen Goliath, und bei dieser Konstellation sollte die Sympathie noch immer dem David gehören.

© SZ vom 11.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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