Bahnchef wettert gegen Aufklärer:Mehdorns Retourkutsche

Der Streit zwischen Hartmut Mehdorn und den Spitzel-Aufklärern eskaliert. Nach deren Beschwerdebrief hat nun auch der Konzernchef ein Schreiben verfasst - mit bösen Vorwürfen.

Acht Seiten ist das Schreiben lang - und es sorgt für jede Menge Ärger und Missstimmung im Umfeld der Deutschen Bahn. Konzernchef Hartmut Mehdorn greift in einem brisanten Brief jene Menschen an, die in diesen Tagen die Wahrheit darüber ans Licht bringen sollen, welche Kreise die Spitzel-Affäre im Unternehmen gezogen hat.

Hartmut Mehdorn, ddp

Bahnchef Hartmut Mehdorn greift in einem Schreiben die Ermittler in der Spitzel-Affäre an. Gerhart Baum und Herta Däubler-Gmelin ließen sich von sachfremden Erwägungen leiten.

(Foto: Foto: ddp)

Einem Bericht des Handelsblatts zufolge teilte Mehdorn in seinem Schreiben an Aufsichtsratschef Werner Müller mit, er zweifele an der Professionalität der beiden Aufklärer Gerhart Baum (FDP) und Herta Däubler-Gmelin (SPD). Die beiden Rechtsanwälte waren vom Aufsichtsrat mit der Aufklärung des Datenschutzskandals beauftragt worden, bei dem Hunderttausende von Mitarbeitern überprüft wurden. Ein Bahnsprecher sagte auf Anfrage von sueddeutsche.de, der Konzern äußere sich grundsätzlich nicht zu internen Schriftwechseln. Erst am Montag hatte das Unternehmen den beiden Sonderermittlern Unterstützung bei der Aufklärung der Datenaffäre zugesichert.

Eindruck der Befangenheit

Das Handelsblatt schreibt, Mehdorn beschwere sich in dem achtseitigen Schreiben, das der Zeitung vorliegt, die ehemalige Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin und der ehemalige Bundesinnenminister Baum erweckten den Eindruck der Befangenheit und ließen sich offenbar von sachfremden Erwägungen leiten. Es stelle sich die Frage, ob die Voraussetzungen für eine unvoreingenommene und den Grundsätzen der Fairness und Objektivität entsprechende Untersuchung überhaupt erfüllt seien.

Baum wies die Vorwürfe von Mehdorn zurück. Diese Unterstellungen haben keine Grundlage, sagte er dem Handelsblatt. Er kenne den Brief, könne aber nicht nachvollziehen, wie Mehdorn zu seinen Aussagen komme. Däubler-Gmelin und Baum hatten der Bahn vergangene Woche mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Aufklärung der Datenaffäre vorgeworfen.

Schweigender Aufsichtsratschef

Zeitgleich mit Mehdorn verschärft Aufsichtsratschef Müller den Kurs gegenüber den politischen Aufklärungsbestrebungen. So wird Müller der Einladung des Verkehrsausschusses, am 18. März zum Thema Stellung zu nehmen, nicht folgen. Dies habe er dem Ausschuss mitgeteilt, bestätigte Müller dem Handelsblatt. Schon die Befragung von Mehdorn vor dem Ausschuss am 4. März sei vor allem eine Inszenierung gewesen.

"Durch die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht" als Vorsitzender des Kontrollgremiums sei es ihm nicht möglich, den Abgeordneten für die Beantwortung von Fragen zur Verfügung zu stehen, zitierte die Online-Ausgabe des Focus aus einem Brief Müllers an den Ausschussvorsitzenden Klaus Lippold. Dazu müssten ihn die Gremien des Konzerns von der Verschwiegenheitspflicht entbinden, was aber nicht vor der nächsten Aufsichtsratssitzung am 27. März möglich sei.

Müller wolle gemeinsam mit Mehdorn alle Ermittler auf klare Verhaltensregeln für die Zusammenarbeit verpflichten, schreibt das Handelsblatt weiter. Der Aufsichtsratschef habe den Compliance-Ausschuss für diesen Samstag nach Essen eingeladen.

Nach Informationen des Handelsblatts sind mehr als 60 Anwälte und Wirtschaftsprüfer aus mindestens vier verschiedenen Büros an der Aufklärung des Bahn-Skandals beteiligt. Allein das Auftragsvolumen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG belaufe sich nach Angaben aus Bahn-Kreisen auf fünf Millionen Euro.

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