Bahnchef Rüdiger Grube:"Nein, die Deutsche Bahn ist nicht winterfest"

Das Image der Deutschen Bahn ist schlecht - wegen mangelhaft ausgestatteter Züge, Großbaustellen oder Stuttgart 21. Konzernchef Rüdiger Grube im Gespäch mit der Süddeutschen Zeitung über den Winter, Loyalität und die Sparsamkeit der Schwaben.

Daniela Kuhr

Am Donnerstagvormittag war Rüdiger Grube noch mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei einer Ausbildungsstätte, und gleich muss der 60-Jährige wieder los zu einer Pressekonferenz anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von Carsharing - doch zwischen den beiden Terminen nahm der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn sich Zeit für ein Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, genauer gesagt, für ein Kreuzverhör. Denn mit dem Chef eines derart polarisierenden Konzerns plaudert man nicht nur. Dafür hat die Bahn zu viele Baustellen, kleine, mittelgroße - und im Südwesten der Republik auch eine ganz gewaltig große.

Um die Kernbotschaft gleich vorwegzunehmen: "Nein, die Deutsche Bahn ist nicht winterfest", räumt Grube unumwunden ein. Noch immer gebe es zu wenige Züge, noch immer sei auch die Infrastruktur anfällig. Doch die Bahn habe ihr Möglichstes getan, um sich auf diesen Winter gut vorzubereiten.

So sei beispielsweise die Anzahl der Abtauanlagen deutlich aufgestockt worden, weil es sich im vergangenen Winter als massives Problem herausgestellt hatte, dass vereiste Züge die Routineuntersuchungen erheblich verlängert haben. Auch seien sehr viel mehr Weichen mit Heizungen ausgestattet und die Anzahl der Mitarbeiter, die Schnee räumen, von 8000 auf 16 000 verdoppelt worden. Dennoch, betonte Grube, könne er nicht garantieren, dass immer alles glatt laufe."Es gibt manche Probleme, die können wir nicht über Nacht abstellen."

Da wäre vor allem der Mangel an Zügen. Im Fernverkehr etwa sind neue ICE-Züge längst bestellt, doch die Lieferung verzögert sich. Gleiches gilt für mehr als 100 Regionalzüge, auf die die Bahn seit langem wartet. "Ich will da gar nichts schönreden", sagt Grube, "an vielen Dingen sind wir selbst schuld. Dass Züge aber zu spät oder mit Mängeln geliefert werden, sind Probleme, für die wir überhaupt nichts können." Und bei diesen Worten wird der sonst so freundliche Bahn-Chef tatsächlich einmal laut.

Aus den Erfahrungen der Vergangenheit, beispielsweise mit mangelhaften Achsen bei ICE-Zügen, habe der Konzern gelernt. Er nehme keine Züge mehr ab, die nicht vollständig erprobt seien und dem entsprächen, was vertraglich vereinbart war. "Schließlich haben wir Züge bestellt und keine grünen Bananen, die auf der Schiene reifen."

Den von Kritikern oft geäußerten Vorwurf, sein Vorgänger, Hartmut Mehdorn, habe den Konzern kaputtgespart, wollte Grube so nicht stehen lassen. "Man macht es sich zu leicht, wenn man alles auf seinen Vorgänger schiebt", sagte der Konzernchef. "Das ist eine Illoyalität, die es so bei mir nicht geben wird."

Die Deutsche Bahn - ein "sympathisches Unternehmen"?

Jedes große Unternehmen habe Baustellen. Statt über die Vergangenheit zu lamentieren, sehe er es vielmehr als seine Aufgabe, die Probleme für die Zukunft zu lösen. Er wisse, dass er dabei unter strenger Beobachtung stehe, und zwar nicht nur von den Kunden, sondern auch von den Mitarbeitern. Wenige Tage vor seinem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren, da sei er noch einmal Bahn gefahren, erzählte Grube. Eigentlich wollte er inkognito reisen, doch eine Frau im Reisezentrum habe ihn erkannt - und ihm klargemacht, was die Mitarbeiter sich von ihm wünschten: dass er hoffentlich nicht auch "nur so ein Schnacker" sei wie seine Vorgänger.

Fuehrungstreffen Wirtschaft der 'Sueddeutschen Zeitung'.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

(Foto: dapd)

Ob er diesem Wunsch gerecht wird, muss sich noch zeigen. Momentan jedenfalls ist die Bahn noch weit davon entfernt, das "sympathische Unternehmen" zu sein, zu dem Grube es machen will.

Vor allem in Stuttgart finden sich viele, die das Unternehmen regelrecht hassen, weil es mitten in der Stadt für Milliarden Euro einen unterirdischen Bahnhof bauen will. Am 27. November stimmen die Baden-Württemberger über Stuttgart 21 ab. Grube zeigte sich zuversichtlich, dass die Bahn danach den Bau fortsetzen könne. Zum einen bezweifelte er schon, dass überhaupt das Quorum von 2,5 Millionen Stimmen zustande komme, das erforderlich ist, damit die Volksabstimmung rechtliche Wirkung hat.

Vor allem aber glaubt Grube, der selbst mit seiner Familie in Stuttgart lebt, die Schwaben ein wenig einschätzen zu können. "Wenn der Baden-Württemberger die Wahl hat, ob er 930 Millionen Euro für den modernsten Bahnhof der Welt bezahlt oder 1,5 Milliarden Schadensersatz für nichts, dann kann ich mir denken, wie er sich entscheidet."

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