Bahn-Tarifverhandlungen:Die nächste Streikwelle rollt an

Bahnkunden müssen sich kommende Woche am Montag, Dienstag und Mittwoch auf Streiks einstellen. Es sei jedoch kein dreitägiger Streik geplant, sagte Vize-GDL-Chef Weselsky.

Der stellvertretende Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, droht mit neuen Streiks im Nahverkehr in der kommenden Woche. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es Montag, Dienstag und Mittwoch Streiks geben wird, ist sehr hoch", sagte Weselsky dem Tagesspiegel.

Später stellte Weselsky klar, es sei kein dreitägiger Streik geplant, sondern es sei auch möglich, dass nur an einem der drei Tage gestreikt werde. Ob und wann tatsächlich gestreikt wird, werde man kurzfristig beschließen und zugleich intensiv auf das öffentliche Meinungsbild schauen.

Weselsky forderte die Bundesregierung erneut zum Eingreifen in den Tarifstreit auf. "Der Eigentümer Bund muss dem Bahn-Vorstand jetzt einen Kurswechsel verordnen", verlangte der Gewerkschaftsvertreter. Er sei überzeugt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel Verständnis für den Arbeitskampf habe.

Die Regierung agiert bei Tarifkonflikten generell zurückhaltend. Im Streit zwischen Bahn und GDL lehnt sie eine Einmischung ab. Auch SPD-Verkehrsexperte Rainer Fornahl appellierte an die Regierung, ihre Haltung zu überdenken. Er sagte dem Magazin Focus: "Auch der Verkehrsminister und das Kanzleramt sollten im Bahnstreit aktiv werden."

Der stellvertretende GDL-Vorsitzende Weselsky sprach sich für eine härtere Gangart aus. "Es muss eine Zeit geben, in der wir den Druck deutlich erhöhen. Allein mit Streiks im Nahverkehr ist das nicht zu schaffen. Denn hier haben die Bahn-Kunden überwiegend Jahres-und Monatskarten, die Rechnungen sind bezahlt. Für die Bahn hält sich der Schaden in Grenzen."

"Kompromissfähigkeit ist vorhanden"

Er hoffe, dass die GDL nach einem Termin beim Landesarbeitsgericht Sachsen in der kommenden Woche auch im Fern- und im Güterverkehr in den Ausstand treten könne. "Wenn wir im Güterverkehr streiken, treffen wir nicht nur die Kunden im Personenverkehr. Sondern auch die Wirtschaft, das erhöht den Druck weiter."

Auch Aktionen im Fernverkehr schloss Weselsky nicht aus. "Wir sind in der Lage, einen sehr langen und intensiven Arbeitskampf zu führen", drohte der Gewerkschaftsvertreter.

Weselsky zeigte sich zugleich verhandlungsbereit. "Kompromissfähigkeit ist in jedem Bereich vorhanden. Wir haben immer signalisiert, dass wir über die Höhe der Entgeltforderung verhandeln". Weselsky betonte: "In der Frage des eigenständigen Tarifvertrags können wir aber nicht nachlassen. Was uns die Bahn zuletzt vorgelegt hat, ist ein Knebelvertrag, der würde unsere Position gegenüber heute sogar verschlechtern."

Die Bahn will im festgefahrenen Tarifstreit trotz der Drohungen der GDL keine weiteren Zugeständnisse machen. "Wenn wir jetzt nachgeben, dann werden sich bald auch andere Berufsgruppen aus dem Sozialverbund Bahn lösen und die Belegschaft spalten", sagte Bahnpersonalvorstand Margret Suckale.

Sie forderte die GDL erneut auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Für die Bahn sei es unverständlich und unverantwortlich, dass ihre jüngste Offerte so "einfach vom Tisch gewischt wurde". Sie erwarte, dass über den Vorschlag verhandelt werde. Die Bahn habe nicht vor, täglich ein neues Angebot vorzulegen.

"Unverhältnismäßige Mittel"

Suckale betonte, in dem Tarifstreit ginge es auch um den Standort Deutschland. "Wenn wir einmal zulassen, dass eine kleine Minderheit mit unverhältnismäßigen Mitteln überhöhte Forderungen durchsetzt und die Tarifeinheit sprengt, werden wir einen enormen Standortnachteil bekommen."

Sie wies darauf hin, dass sich an dem Arbeitskampf noch nicht einmal drei Prozent der Bahnbelegschaft beteiligten. Es könne nicht sein, dass eine Gewerkschaft, die sich durch Maximalforderungen mehr und mehr ins Abseits begebe und sich weigere, an den Verhandlungstisch zu kommen, ein ganzes Land durch Streiks lahmlege.

Schon bald stünden wieder neue Tarifverhandlungen an. "Wenn wir jetzt ein gegenseitiges Hochschaukeln von Forderungen zuließen, dann würden wir keine realitätsnahen Abschlüsse, die unseren wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechen, mehr bekommen. Darunter würden alle leiden: unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und unser Unternehmen", sagte Suckale.

Auch der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Hans-Peter Friedrich lehnte den von der GDL geforderten eigenen Tarifvertrag für die Lokführer ab. "Ansonsten bricht ein Forderungswettbewerb unter den Gewerkschaften aus, der sich nicht mehr an der realen wirtschaftlichen Leistungskraft der Betriebe orientiert." Allerdings müsse der Konzern den Lokführern innerhalb des bestehenden Tarifgefüges weiter entgegen kommen.

Die Bahn will jetzt zügig die Verhandlungen mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA über eine neue Entgeltstruktur voranbringen, ­notfalls auch ohne GDL. "Vielleicht wird den Lokführern dann klar, dass wir wirklich etwas für sie tun wollen", sagte Suckale. Ihren Worten zufolge erhalten die DB-Lokführer bis zu 25 Prozent höhere Entgelte als die anderer Wettbewerbsbahnen. "Wir müssen wettbewerbsfähig bleiben, um Ausschreibungen im Regionalverkehr zu gewinnen und damit Arbeitsplätze zu sichern", betonte Suckale.

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