Bahn-Chef Mehdorn:Rambo mit Super-Kleber

Die Bespitzelungs-Affäre ist einer von vielen Fehlern des Bahnchefs. Doch Mehdorn regiert selbstherrlich weiter, weil die Politiker uneinig sind.

Thorsten Denkler

Hartmut Mehdorn, Vorstandschef der Deutschen Bahn AG, hat in den zehn Jahren seiner Amtszeit wohl mehr Skandale und Affären ausgesessen, als seinerzeit ein gewisser Herr Kohl aus der Pfalz. Und der gilt in dieser Disziplin bisher als unübertroffen.

Bahn-Chef Mehdorn: Und täglich grüßt der Bahn-Chef: Mehdorn hat gelernt, die Dinge auszusitzen.

Und täglich grüßt der Bahn-Chef: Mehdorn hat gelernt, die Dinge auszusitzen.

(Foto: Foto: AP)

Mehdorn hat versucht ein Tarifsystem umzusetzen, das kein Mensch verstand und das völlig am Kunden vorbei ging. Er wollte kürzlich einen Schalteraufschlag für Bahntickets eintreiben.

Er hat die Waggons der wandernden Deportationsausstellung "Sonderzüge in den Tod" nicht in seine Bahnhöfe gelassen, hat vom "Zug der Erinnerung" Gebühren für die Nutzung von Bahnhöfen und Trassen verlangt.

Mehdorn hat den beliebten Interregio vom Gleis genommen, große Städte vom ICE-Netz abgekoppelt. Der Bahn-Chef, der für eine öffentliche Sache zuständig ist, gibt souverän den Buhmann der Nation. Schuld ist nicht immer er selbst. Aber zu häufig.

Per Rasterfahndung ließ er nun über 170.000 Mitarbeiter von einer privaten Detektei überprüfen, weil er unter ihnen Korruption und Betrug vermutet. Ein einmaliger Vorgang.

Weder hielt er es offenbar für nötig den Betriebsrat, noch den hauseigenen Datenschutzbeauftragen zu informieren. Hätten nicht zufällig Parlamentarier im Bundestag davon Wind bekommen, die Sache wäre wohl weiter geheim geblieben.

Der Vorgang sticht heraus, reiht sich aber ein in eine Kette von Grenzüberschreitungen und Selbstüberschätzungen. Mehdorn betrachtet die Bahn als sein Unternehmen in dem er schalten und walten kann, wie er will. Rambohafte Züge werden ihm von Mitarbeitern nachgesagt.

Ein Rechthaber und Choleriker sei er. Einer, den manche wohl eher auf dem Chefsessel eines Discounters vermuten würden, wo Mitarbeiter ohne Unrechtsbewusstsein systematisch ausgespäht werden.

Doch Mehdorn ist Chef der Bahn. Sein Unternehmen hat Mobilität für Millionen Menschen zu garantieren. Dafür zahlen die Kunden jährlich steigende Ticketpreise und alle Bürger zahlen großzügig über ihre Steuern den Bau von Bahnhöfen und die Instandhaltung des Schienennetzes. Als Privatunternehmen ohne staatliche Geldspritzen wäre die Bahn niemals lebensfähig.

Der Gedanke, dass sein Unternehmen dem Staat und damit den Steuerzahlern gehört, ist für Mehdorn offenbar lästig. Maßregeln von Politikern blockt er gekonnt ab. Bevor er geht, geht ein Verkehrsminister. Wolfgang Tiefensee ist bereits der fünfte Minister "unter Mehdorn", wie manche unken.

Die Bahngewerkschaft Transnet will jetzt eine Sondersitzung des Aufsichtsrates der Bahn. Mehdorn könnte dort abberufen werden. Bisher haben solche Vorhaben allerdings unter Mehdorn nicht funktioniert.

Eines der "Projekte" im Zusammenhang mit der Spitzel-Affäre lautet "Uhu". Dafür wurden 40 Mitarbeiter ausspioniert um den einen zu finden, der Mehdorn wegen einer angeblichen Steuersünde angezeigt hat.

Uhu passt ganz gut. Rambo Mehdorn klebt auf seinem Stuhl. Das kann er, weil in der Bundesregierung mal wieder nicht klar ist, wer in der Politik letztlich das Sagen bei der Bahn hat.

Die Kanzlerin will möglichst Ruhe, einen spektakulären Wechsel an der Bahn-Spitze kann sie sich nicht leisten. Tiefensee wird zwar nachgesagt, dass er Mehdorn gerne loswerden würde. Aber er ist durch eigene politische Fehlleistungen selbst zu geschwächt, als dass er dem Bahn-Chef noch ernsthaft gefährlich werden könnte. Und ohne Einvernehmen mit Merkel geht in dieser wichtigen Personalie ohnehin nichts.

Solange die Regierung sich also nicht einig ist, kann Mehdorn ungehindert weitermachen. So sehr er dem Ruf der Bahn auch schadet.

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