Bahamas-Leaks:Böse Bahamas? Auch Deutschland gehört zum Problem

Aerial view of Exuma with aeroplane wing part of the chain of 365 islands that form the Bahamas P

Blick auf eine Insel der Bahamas

(Foto: imago/Bluegreen Pictures)

Die Bahamas-Leaks enthüllen: Die ehemalige EU-Kommissarin Kroes war Direktorin einer Firma. Der Fall zeigt, was der Welt fehlt.

Kommentar von Bastian Brinkmann

Das soll jetzt nicht nach Mitleid klingen, aber: Steueroasen stehen unter Druck wie nie. Jahrzehntelang boomte ihr schmutziges Geschäft, sie schluckten Schwarzgeld und gaben den Finanzen von Waffenschiebern, Terroristen und anderen Kriminellen ein Zuhause. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der Ärger in den reichen Industriestaaten wurde zu groß, die Regierungen bewegten sich. Sie brachten die Offshore-Welt zu Reformen. Sogar die Schweiz schafft ihr legendäres Bankgeheimnis ab. Vor Kurzem war das noch undenkbar.

Mehr als 100 Staaten, darunter viele notorische Steueroasen, melden bald automatisch, wenn ein Ausländer bei ihnen Bankkunde wird. Wer im Ausland also ein Nummernkonto eröffnet, um sich vor dem heimischen Finanzamt zu verstecken, hat Pech. Die Steuerfahnder bekommen direkt alles auf den Tisch: Name, Kontostand, Adresse für die Razzia. Was für ein Fortschritt.

Aber der wichtigste Schritt im weltweiten Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche fehlt noch. Das zeigt der Fall Neelie Kroes aus den Bahamas-Leaks. Sie war die offizielle Direktorin einer Firma auf den Bahamas. Alle Gesellschaften des Inselstaats sind in einem Register erfasst, wie in allen Ländern der Welt. Doch nur wer den Namen der Firma kannte, konnte das Unternehmen in der Datenbank finden. Wer online danach suchte, fand den Namen der ehemaligen EU-Kommissarin nicht. Erst die Bahamas-Leaks belegten die Verbindung zu ihr.

Das muss aufhören. Die Welt braucht Unternehmensregister, die genau aufführen, welche Firma wem gehört. Briefkastenfirmen sind verantwortlich für Steuerhinterziehung, Umweltzerstörungen, Menschenhandel. Die Firmen schützen Verbrecher, die so ihr Geld verdienen. Denn Fahnder kommen nicht an sie heran. Briefkastenfirmen sind das wichtigste Werkzeug der internationalen Kriminalität.

Und das ist nicht nur ein Problem der Bahamas. Auch das deutsche Firmenregister ist nicht transparent genug. Es kostet Geld, sich Unterlagen anzuschauen. Es ist auf der offiziellen Seite nicht möglich, nach Eigentümern einer Firma zu suchen. Genau das ist aber nötig, um Fälle wie Kroes zu finden. Es sind also nicht die bösen Bahamas, die am Pranger stehen müssen. Alle Staaten weltweit haben hier Defizite. Nur wenn Deutschland und Europa vorangehen und die höchsten Standards hierzulande durchsetzen, werden sich die Steueroasen anschließen. Das hat die Diplomatie gezeigt, die den automatischen Informationsaustausch der Kontodaten durchgesetzt hat.

Ohne öffentliche Register bringt der ganze Austausch von Kontodaten am Ende nichts. Wer sich nicht mehr hinter einem ausländischen Nummernkonto verstecken kann, lässt sein Geld jetzt eben in einer Briefkastenfirma verschwinden. Das ist zwar etwas aufwendiger und teurer, aber noch effektiver. Steuerfahnder und Ermittler kommen aber nicht an die Informationen, wer hinter den Geschäften steckt.

Der Marktplatz war schon immer ein öffentlicher Ort

Oft sind die offiziellen Direktoren einer Briefkastenfirma nicht einmal die Menschen, die in Wahrheit die Macht haben. Die Kanzlei Mossack Fonseca, berühmt geworden durch die Panama Papers, war ganz groß im Geschäft mit Scheindirektoren. Sie setzte in den offiziellen Dokumenten irgendwelche Menschen als Geschäftsführer ein, die einen Vertrag mit den wahren Eigentümern der Firma schlossen. Die Hintermänner bleiben so im Dunkeln. Auch diese Deals müssen verboten werden. Die Register müssen die Menschen nennen, die für eine Firma verantwortlich sind.

Es gibt legale und sogar gute Gründe, eine Briefkastenfirma zu gründen. Wenn beispielsweise Investoren aus mehreren Ländern eine gemeinsame Rechtsprechung für ihre Geschäfte festlegen wollen, geht das über Offshore-Vehikel. Wenn die Geschäfte ordentlich zu Hause angemeldet und versteuert werden, spricht nichts dagegen. Dieses Konstrukt kann dann aber auch transparent sein, dagegen spricht ebenfalls nichts. Geschäftsgeheimnisse bleiben in den Heimatländern gewahrt. Bei Briefkastenfirmen gilt: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten. Der Marktplatz war schon immer ein öffentlicher Ort.

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