Axel Weber:Zurück auf der Berliner Bühne

Der frühere Präsident der Bundesbank bekommt eine Führungsaufgabe beim DIW. Er soll am 20. November zum Kuratoriumsvorsitzenden gewählt werden, als Nachfolger von Bert Rürup.

Von Marc Beise, Berlin

Das traditionsreiche Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erhält einen neuen Kuratoriumsvorsitzenden. Am 20. November 2015 soll der frühere Bundesbank-Präsident Axel Weber, 58, zum Nachfolger des Wirtschaftsprofessors Bert Rürup gewählt werden, wie die Süddeutsche Zeitung aus Regierungskreisen erfuhr. Der Entscheidung für Weber waren komplizierte Abstimmungsprozesse in den zuständigen Gremien von Politik und Gesellschaft vorausgegangen. Das größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut mit rund 350 Mitarbeitern, das zur Hälfte aus staatlichen Mitteln des Bundes und des Landes Berlin finanziert wird, gilt traditionell als eher links orientiert, während etwa das Ifo-Institut in München heute als eher rechts gilt - Kategorisierungen, wie sie die Institute selbst zurückweisen, die aber in Politik und Medien verbreitet sind.

Das zeigt sich auch an der Person Axel Webers. Dieser, ein international angesehener Wirtschaftsprofessor aus Köln, war zwar seinerzeit auf Vorschlag der SPD in den Sachverständigenrat der "Fünf Weisen" gewählt worden, etablierte sich aber später als Präsident der Deutschen Bundesbank als konservativer Geldpolitiker; er gilt als CDU-nah. Im Dauerstreit mit der schuldenorientierten Mehrheit in der Europäischen Zentralbank unter dem damaligen französischen Präsidenten Jean-Claude Trichet, dessen Kurs der Italiener Mario Draghi fortsetzt, gab Weber im Jahr 2011 auf und erklärte seinen Rücktritt. Später sollte er nach dem Willen des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann dessen Nachfolger werden, doch dieser Plan scheiterte, und Weber heuerte als Verwaltungsratspräsident der Schweizerischen Großbank UBS an.

Aus der linken Fraktion der SPD gibt es starke Vorbehalte gegen den Großbanker

Angesichts dieses Lebenslaufs gibt es vor allem aus der linken Fraktion der SPD starke Vorbehalte gegen den Großbanker Weber, die aber vom Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel beiseitegeschoben wurden; Gabriel ist als Bundeswirtschaftsminister einer der maßgebenden Geldgeber des in Berlin angesiedelten DIW. Dessen junger Präsident Marcel Fratzscher, 44, hat, obschon parteilos, einen engen Draht zu Gabriel und gilt als einflussreicher Berater der SPD in der großen Koalition. Wirtschaftspolitisch hat er sich zuletzt mit seiner Forderung nach einem großen Investitionsprogramm des Staates zur Verbesserung der Infrastruktur einen Namen gemacht - eine Forderung, der viele konservative Ökonomen und mutmaßlich auch Weber wenig abgewinnen können. Dennoch ist die Berufung Webers, wie man hört, Fratzschers persönlicher Wunsch, der damit ein ausdrückliches Signal der Überparteilichkeit geben wolle.

Die Aufgabe des Kuratoriumsvorsitzenden ist mit der eines Aufsichtsrats vergleichbar, er kontrolliert das Institut, nimmt aber keinen direkten Einfluss auf die Forschungsarbeit. Dennoch wird die bevorstehende Berufung Webers als Rückkehr auf die Berliner Bühne gesehen. Der Ex-Bundesbank-Chef hatte sich zuletzt häufiger zu wirtschaftspolitischen Fragen geäußert. Er vertritt ordnungspolitische Positionen, hat sich zur Euro-Rettungspolitik kritisch geäußert und lehnt insbesondere die ausgreifende Geldpolitik der EZB ab.

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