Autoversicherer:Allianz gewinnt den ADAC

Auto landet in Bahnunterführung

Ein Fall für die Kfz-Versicherung: Ein Auto steckt in einer Bahnunterführung fest.

(Foto: dpa)
  • Der bisherige Vertragspartner des ADAC, Zurich, hatte in den Vertragsverhandlungen das Nachsehen.
  • Die Allianz macht einen großen Schritt vorwärts hin zu ihrem Ziel, auch in der Autoversicherung im Heimatmarkt wieder Marktführer zu werden.
  • 2011 hatte das Unternehmen die Top-Position an den Rivalen HUK-Coburg verloren, der viel früher digital mit dem Online-Anbieter HUK24 auf dem Markt war.

Von Herbert Fromme, Köln

Die Allianz Deutschland kann einen großen Erfolg in der umkämpften Autoversicherung verbuchen. Nach SZ-Informationen wird der Konzern ab 2020 neuer Partner des Automobilclubs ADAC in der Autoversicherung. Der bisherige Vertragspartner Zurich, mit dem der ADAC seit 2007 zusammenarbeitet, hatte in den Vertragsverhandlungen mit der Wirtschaftsholding des Verbandes das Nachsehen.

Offenbar war die Allianz bereit, für die Kooperation deutlich mehr zu zahlen als die Zurich. "Es wird spannend zu sehen, ob die Allianz zu diesen Konditionen mit dem Geschäft auch einen Gewinn machen kann", sagte ein Insider.

Eines erreicht der Versicherungskonzern aus München auf jeden Fall: Er macht einen großen Schritt vorwärts hin zu seinem Ziel, auch in der Autoversicherung im Heimatmarkt wieder Marktführer zu werden.

Das war jahrzehntelang der Fall. Doch das Unternehmen hat die Top-Position 2011 an den Rivalen HUK-Coburg verloren, der viel früher digital mit dem Online-Anbieter HUK24 auf dem Markt war. Aktuell versichert die HUK 11,6 Millionen Fahrzeuge, die Allianz 8,5 Millionen.

Markt mit ungewisser Zukunft

Der Markt ist heftig umkämpft und sieht einer ungewissen Zukunft entgegen. Die zunehmende Automatisierung des Fahrens bis hin zu autonomen Fahrzeugen wird mittelfristig zu einer deutlichen Senkung der Schäden in der Autoversicherung führen - auch wenn die höheren Kosten für Ersatzteile, die vollgestopft mit Elektronik sind, den Trend etwas dämpfen. Weniger Schäden bedeuten immer auch weniger Prämieneinnahmen, also geringeren Umsatz für die Autoversicherer.

Mit 27 Milliarden Euro ist die Kfz-Versicherung die wichtigste Sparte nach der Lebens- und der privaten Krankenversicherung. Die etablierten Anbieter wie Allianz und Zurich werden durch Vergleichsportale wie Check24, Direktanbieter wie HUK24 und Autohersteller angegriffen, die selbst Versicherungen anbieten.

Die Allianz hat darauf bisher vor allem durch enge Zusammenarbeit mit den Herstellern reagiert. Mit VW betreibt die Münchener Gruppe sogar einen eigenen Versicherer als Gemeinschaftsunternehmen.

Bei den Hersteller-Kooperationen geht es vor allem um Neuwagen. Bei den Gebrauchtwagen hat die HUK-Coburg ihre wichtigste Basis und baut sie auch systematisch aus, zum Beispiel durch Tests mit einem eigenen Gebrauchtwagenhändler und durch günstige Werkstattangebote für Kunden auch außerhalb von Versicherungsreparaturen. Seit einigen Monaten versucht die Allianz, auch den Gebrauchtwagenmarkt besser für sich zu erschließen. Mit dem Zuschlag vom ADAC hat sie ein sehr wichtiges Segment für sich gewonnen.

Die ADAC-Regionalclubs erhalten von der Autoversicherung eine Provision, wenn sie über ihre Geschäftsstellen Policen verkaufen. Bei den Verhandlungen mit Zurich und der Allianz sei es vor allem um einfachere Produkte, Vorteile für ADAC-Mitglieder und einen digitalen Ansatz gegangen, heißt es dazu in Versicherungskreisen.

Die Versicherung wird immer wichtiger bei den Wirtschaftsaktivitäten des ADAC. Er hat diese Woche bekanntgegeben, dass seine Tochter ADAC Rechtsschutz künftig auch Verträge für Nichtmitglieder anbietet und sich nicht länger auf den Verkehrsrechtsschutz beschränkt, sondern auch im Arbeitsrecht, Wohnen und Privatrechtsschutz aktiv wird. Mit dem Bestand der ADAC Autoversicherung von 650 000 Fahrzeugen dürfte die Allianz ab 2020 mehr als neun Millionen versichern. Insgesamt sind in Deutschland 64,3 Millionen Fahrzeuge versichert. Dazu gehören auch Lkw, Mofas und Anhänger.

Bisher hält die Zurich 51 Prozent an der ADAC Autoversicherung, die Wirtschaftsholding ADAC SE die restlichen 49 Prozent. Der ADAC übt eine Option für die Anteile der Zurich zum Auslaufen des Vertrages Ende 2019 aus, danach muss die Zurich ihre Aktien an den vom ADAC benannten neuen Vertragspartner verkaufen.

Die ADAC Autoversicherung hat keine eigenen Angestellten. Die Mitarbeiter gehören entweder zur Zurich oder zu einer ADAC-Gesellschaft. Die Verwaltung der Verträge führt die Zurich, den Vertrieb organisiert der Club. Für die 650 000 Kunden soll sich nichts ändern - obwohl der Übergang einer solchen Vertragszahl eine größere logistische Herausforderung ist.

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