Autovermietung:Im Schleichgang

Europcar

Weltweit 3700 Filialen und 183 000 Leihfahrzeuge: Europcar ist trotz laufender Umstrukturierungen an die Börse gegangen.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Europas größter Autovermieter Europcar ist schwach an der Börse gestartet. Und jetzt ist die frühere VW-Tochter weniger wert als Konkurrent Sixt.

Von Leo Klimm, Paris

Kommen große Unternehmen an die Börse, bleibt das nicht unbemerkt. "Going public" heißt die Öffnung des Firmenkapitals im Fachjargon - also: an die Öffentlichkeit gehen. Bei Europcar ist das anders: Europas größter Autovermieter hat sich - mitten in den schweren Turbulenzen der Griechenland-Krise - eher an die Pariser Börse geschlichen. Und der Start, den Europcar hinlegt, verläuft holprig: Als am Freitag erste Aktienzertifikate gehandelt wurden, verlor das Papier sofort deutlich an Wert. An diesem Dienstag beginnt der Handel mit der Aktie selbst. "Die Operation ist kein echter Erfolg", stellt ein Börsenanalyst trocken fest.

Schon lange wollte der bisherige Haupteigentümer, der Investmentfonds Eurazeo, die Europcar-Beteiligung zu Geld machen. Der Umstand, dass derzeit viele Investoren angesichts der sehr niedrigen Zinsen nach Anlagemöglichkeiten suchen, sollte jetzt eine gelungene Markteinführung garantieren. Doch das Ergebnis ist ernüchternd: Gemessen an den drei Milliarden Euro, die Eurazeo 2006 an den Europcar-Voreigner Volkswagen gezahlt hat, sind die nun erlösten 350 Millionen Euro für rund 44 Prozent der Anteile ein schlechtes Geschäft. So kommt es, dass Europcar mit weltweit 3700 Filialen und 183 000 Leihfahrzeugen an der Börse weniger wert ist als etwa der kleinere Rivale Sixt. "In einer idealen Welt hätte man den Börsengang nicht jetzt gemacht", räumt ein Europcar-Insider ein. Das habe weniger mit den aktuellen Marktturbulenzen zu tun als damit, dass die 2012 begonnene Restrukturierung Europcars nicht abgeschlossen sei.

Tatsächlich stand die hoch verschuldete Firma damals "am Rand der Pleite". Hinzu kommt - abgesehen von laufenden Kartellermittlungen gegen die Autovermieter-Branche - noch ein Unsicherheitsfaktor: Die Branche erlebt radikale Umwälzungen, ausgelöst durch verändertes Nutzerverhalten und neue Konkurrenz aus dem Internet.

Für Europcar-Chef Philippe Germond, Nachfolger des deutschen Sanierers Roland Keppler, ist "dieser Kontext ausgesprochen förderlich". Immer mehr Menschen legten keinen Wert auf den Besitz eines Autos, wollten nur eines nutzen. Germond will "ein Ökosystem der Mobilitätsdienstleistungen" schaffen. Dazu kaufte er kürzlich ein Start-up, das Mitfahrgelegenheiten innerhalb von Unternehmen vermittelt und den Firmen so hilft, ihre Autoflotten zu verkleinern. Allerdings zieht der Boom im Markt für Individualmobilität auch viel Konkurrenz an: Autohersteller, Fernbus-Anbieter, Carsharing-Firmen, Taxi-Apps wie Uber oder Vermittler von Leihautos aus Privatbesitz drängen klassische Autovermieter in die Defensive.

Germond verspricht seinen Investoren dennoch, dass Europcar den Umsatz von zuletzt 1,9 Milliarden Euro bis 2017 um jährlich bis zu fünf Prozent steigert. Dass die Sanierung der Firma noch läuft, wendet er zu einem Verkaufsargument für die Aktie: Es gebe Spielraum nach oben. Im vergangenen Geschäftsjahr schrieb Europcar noch einen Verlust von 112 Millionen Euro. Mit einem Teilerlös aus dem Börsengang werden nun Schulden getilgt, das senkt die Kreditkosten. Bis es aber einen Gewinn gibt, an dem die Aktionäre beteiligt werden, dauert es: Die erste Dividende soll es 2017 geben.

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