Automobilclub:Mächtiger ADAC-Funktionär stürzt über Immobilienprojekt

  • Der Vizepräsident und Schatzmeister des ADAC, Klaus-Peter Reimer, ist zurückgetreten.
  • Reimer reagiert auf Vorwürfe, gegen die Grundsätze für ethisch einwandfreies Wirtschaften verstoßen zu haben.
  • Als Bauherr für den ADAC soll Reimer Aufträge nicht ausgeschrieben haben.

Von Bastian Obermayer und Uwe Ritzer

Als Bauherren für ein Wohn- und Geschäftshaus und ein Seniorenheim vermutet man nicht unbedingt auf Anhieb den ADAC. Aber irgendwie müssen schließlich die vielen Millionen Euro in diesen Niedrigzinszeiten gewinnbringend angelegt werden, die Europas größter Automobilclub eifrig scheffelt und für seine eigentliche Arbeit aktuell nicht braucht. Die Frage ist nur, wie solche Immobilienprojekte umgesetzt werden. Einer der mächtigsten ADAC-Funktionäre ist darüber nun gestolpert. Und der ohnehin skandalgebeutelte Automobilclub hat seine nächste Affäre.

Klaus-Peter Reimer

Klaus-Peter Reimer ist von allen Ämtern zurückgetreten.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Klaus-Peter Reimer, 62, Vizepräsident und Schatzmeister des ADAC, sowie dessen Regionalclub-Vorsitzender in Westfalen, ist am Mittwoch von allen Ämtern zurückgetreten. Damit reagierte er auf Vorwürfe, er nehme es mit Compliance nicht genau, den Grundsätzen für ethisch einwandfreies Wirtschaften also. Bei besagten Bauvorhaben in Gelsenkirchen und Hagen sollen Reimer und der Vorstand des Regionalclubs nach Informationen der Süddeutschen Zeitung einen Architekten beauftragt haben, ohne den Auftrag auszuschreiben und ohne Alternativangebote einzuholen. Das Pikante daran: Der Architekt scheint mit Reimer befreundet zu sein. Zumindest fuhren beide häufiger gemeinsam bei Oldtimer-Rallyes mit. Vom ADAC und von Reimer liegen noch keine Stellungnahmen auf entsprechende Anfragen der SZ vor.

Aufgekommen war die Angelegenheit durch den Tipp eines anonymen Insiders im neuen Hinweisgeber-System des ADAC. Daraufhin wurde nach SZ-Informationen eine große Anwaltskanzlei mit der Überprüfung beauftragt. Dem Vernehmen nach ergab die Untersuchung, dass die Vergabe an den Architekten so nicht hätte erfolgen dürfen. Immerhin geht es bei den zwei Bauvorhaben in Gelsenkirchen und Hagen um viel Geld, von 15 Millionen Euro ist die Rede. Wie hoch das Architektenhonorar ausfällt, ist ungewiss. Branchenkenner sprechen von "üblicherweise zehn Prozent der Bausumme". Der ADAC hat Wirtschaftsprüfer beauftragt, dies zu klären und überhaupt die Wirtschaftlichkeit der beiden Bauvorhaben zu überprüfen.

Der nächste Funktionär stürzt

Innerhalb des ADAC sind die Vorgänge in Westfalen schon länger Thema. Die beiden Bauvorhaben wurden Insidern zufolge bereits 2013 geplant und der fragwürdige Auftrag an den Architekten soll erst Anfang 2014 vergeben worden sein. Zu einem Zeitpunkt also, als ADAC-intern angesichts der Krise das Thema korrektes Wirtschaften bereits auf der Tagesordnung stand. Auch bei der Hauptversammlung des Automobilclubs im Mai in Bochum kam der Fall zur Sprache, allerdings nur intern. Was Reimer nicht daran hinderte, sich erneut für vier Jahre zum Vizepräsidenten und Schatzmeister wählen zu lassen. Mit einem mäßigen Ergebnis - er erhielt 130 Stimmen, 80 Mitglieder votierten gegen ihn. Seit 1973 ADAC-Mitglied, amtiert der Diplom-Finanzwirt und pensionierte Steueramtsrat seit 2000 als Vorsitzender des Regionalclubs Westfalen und seit 2012 als Vizepräsident für Finanzen.

Mit Reimer stürzt somit einer der mächtigsten Funktionäre des ADAC. Der Automobilclub kommt nicht aus der Krise, die im Januar 2014 mit dem Auffliegen von Manipulationen beim Autopreis Gelber Engel begann. Im Zuge dessen trat der damalige ADAC-Präsident Peter Meyer zurück. Auch der oberste Manager Karl Obermair sowie Kommunikationschef Michael Ramstetter mussten gehen. In der Folge kamen zahlreiche weitere Fragwürdigkeiten ans Licht, wie etwa der Batterieverkauf auf Provisionsbasis durch ADAC-Pannenhelfer. Im Februar 2015 wurden ein ranghoher Mitarbeiter und dessen Kollegin suspendiert, die sich über den ADAC bereichert haben sollen. Und beim ADAC Nordbayern geht die Nürnberger Staatsanwaltschaft einem Untreue-Verdacht nach. Parallel zu alledem hat der ADAC das größte Reformprogramm seiner 112-jährigen Geschichte ausgerufen.

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