Automarken:Ikonen auf dem Wühltisch

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Die nationalen Träume sind zu Ende: Mit Chrysler, Volvo und Saab stehen gleich drei Automarken zum Verkauf, die in ihren Ländern etwas Besonderes sind.

Karl-Heinz Büschemann und Gunnar Herrmann

Das gab es noch nie. Drei Automarken mit Weltrang suchen einen neuen Eigentümer: Chrysler, Volvo und Saab. Doch niemand will sie haben.

Für viele Schweden war in den fünfziger Jahren der Saab 92 das erste Auto, das sie sich leisten konnten (Foto: Foto: dpa)

Die letzten klangvollen Namen der Autobranche, die eine neue Heimat brauchten, Jaguar und Land Rover, fanden 2008 Asyl bei dem indischen Autohersteller Tata. 2005 war die angeschlagene britische Marke Rover wieder einmal unter den Hammer geraten. Gnädig erbarmte sich ein chinesischer Investor.

Der US-Konzern Chrysler droht seinen Eigentümer, die Finanzgesellschaft Cerberus, in den Abgrund zu reißen. Doch wer kauft ein Unternehmen, das bis zum Jahresende vom Staat sieben Milliarden Dollar braucht? Es sieht so aus, als hätte die Marke, die in den achtziger Jahren von dem legendären Konzernchef Lee Iacocca zum nationalen Symbol gemacht wurde, keine Zukunft mehr. Für viele Amerikaner wäre das eine Tragödie.

Aber was kommt auf die Schweden zu? General Motors (GM) will die Tochter Saab loswerden, und Ford sucht einen Käufer für Volvo. Beide sind so klamm, dass sie jeden Dollar brauchen, um das eigene Überleben zu sichern. Die Schweden können es nicht glauben. Für viele war in den fünfziger Jahren der Saab 92, die im Volksmund "Dschungeltrommel" genannte und merkwürdig knatternde Blechbirne, das erste Auto, das sie sich leisten konnten.

Saab - das Kultauto

Als in den achtziger Jahren die ersten Saabs mit Turbolader auf den Markt kamen, wurde die Marke auch in besseren Kreisen zum Kult. In den vergangenen Jahren hat der Name jedoch gelitten, vor allem seit GM das Unternehmen 2000 übernommen hatte. Eingefleischte Fans meinen, die Amerikaner hätten den Schweden-Autos die Seele geraubt.

Schwedische Zeitungen haben recherchiert, dass in Trollhättan, der Zentrale von Saab, zum letzten Mal 1995 Gewinn gemacht wurde: fünf Millionen Kronen. "Das entspricht etwa dem Gewinn einer Würstchenbude im Stockholmer Zentrum", ätzte der Auto-Experte der Boulevardzeitung Aftonbladet. So harte Worte hört man selten. Die meisten Schweden sind stolz auf ihre Autotradition. Der Gedanke, dass möglicherweise bald die letzten Wagen vom Band rollen, stimmt viele traurig.

Jetzt steht auch noch Volvo zum Verkauf. Die Autos aus Göteborg waren lange Inbegriff des biederen Familien-Kombis; sie hatten nie den Glanz und den Charme des turbogeladenen Saabs. Aber heute gilt Volvo unter Schwedens Auto-Enthusiasten als Erfolgsbeispiel.

Anders als GM ließ Ford seiner schwedischen Tochter viele Freiheiten, der eigene Charakter blieb erhalten. Längst wird über geheime Pläne spekuliert, denen zufolge Volvo wieder schwedisch werden solle.

Erst im Juni spekulierten Zeitungen darüber, dass der Lastwagenhersteller Volvo den gleichnamigen Pkw-Bauer zurückkaufen wolle - er hatte 1999 seine Autosparte an Ford veräußert. Die Gerüchte wurden zwar stets dementiert, aber die Sehnsucht der Schweden nach einer eigenen Automarke bleibt.

© SZ vom 05.12.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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