Autoindustrie im Umbruch:GM gibt Opel frei

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Klarer Schnitt: GM gibt seine europäischen Werke und Patente an Opel ab - doch eine klaren Favoriten unter den Interessenten wird die Bundesregierung wohl nicht so schnell benennen.

Alles auf Anfang: Im Ringen um eine Zukunft für Opel zeichnet sich eine weitgehende Unabhängigkeit vom Mutterkonzern General Motors (GM) ab. Unmittelbar vor dem Spitzentreffen im Kanzleramt am Mittwochabend hat der Aufsichtsrat am Vormittag die Übertragung von GM-Werken in Europa sowie der Rechte und Patente vom Mutterkonzern auf die Adam Opel GmbH beschlossen, sagte der stellvertretende Aufsichtsratvorsitzende, Opel-Betriebsratschef Klaus Franz. Das US-Finanzministerium als Hauptgläubiger des GM-Mutterkonzerns hat bereits zugestimmt.

Gehen künftig getrennte Wege: GM und Opel. (Foto: Foto: dpa)

Neben Werken und Patenten seien auch sämtliche Rechte an Technologien von GM Europe an Opel übertragen, sagte ein GM-Europe-Sprecher. Durch den Schritt solle der Weg frei gemacht werden für die sogenannte Treuhandlösung, mit der das Überleben von Opel im Falle einer Insolvenz vom GM gesichert werden könne. "Mit der Übertragung der Rechte wird Opel unabhängig von allen Entscheidungen in den USA", sagte der Sprecher weiter.

Alle Europa-Einheiten unter Dach und Fach

"Alle europäischen Einheiten von GM sind jetzt unter dem Dach von Opel", sagte der GM-Europe-Sprecher. Dennoch bleibe Opel vorerst zu einhundert Prozent eine GM-Tochter. Nicht übertragen worden seien die Werke des schwedischen Autobauers Saab.

Die Abspaltung gilt als eine zentrale Voraussetzung für den am Abend geplanten Opel-Gipfel der Bundesregierung. Dort soll entschieden werden, ob der Autobauer mittels eines Investors und Staatsbürgschaften in Milliardenhöhe gerettet werden kann.

Noch am Abend soll endgültig eine Überbrückungsfinanzierung für Opel beschlossen werden. Das sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Außerdem sollen letzte Details des Treuhandmodells geklärt werden, mit dem Opel aus der drohenden General-Motors-Insolvenz herausgehalten werden soll.

Eine Festlegung auf einen Favoriten - Fiat, Magna, den Finanzinvestor Rippelwood oder den chinesischen Autohersteller BAIC - wird es allerdings wohl nicht geben, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte. Auch in Investorenkreisen hieß es: "Es geht eher um den Startschuss für eine umfassende Opel-Buchprüfung für ausgewählte Bieter." Vor Ende Juni werde wohl nicht feststehen, wer Opel kaufen könne.

BAIC, der chinesische Interessent, sei mit seinem Konzept für das Spitzentreffen zu spät gekommen. Er werde aber bei den Verhandlungen in den nächsten Tagen berücksichtigt.

Wilhelm sagte, zentrales Thema des Treffens am Abend sei, von den Investoren und vor allem der US-Regierung "ein größtmögliches Maß an Sicherheit für die Brückenfinanzierung" zu erhalten. Das beinhalte unter anderem die Zustimmung zum Treuhandmodell für Opel für die Zeit, bis eine endgültige Einigung mit einem Investor unterzeichnet sei, sowie die Aussicht auf Einigung der jeweiligen Investoren und der US-Seite.

Opel-Betriebsratschef Franz sagte: "Durch die Übertragung von Werken, Patenten und Rechten an Technologie wird die neue Adam Opel GmbH schuldenfrei eine Partnerschaft mit einem möglichen Investor eingehen können." Übertragen würden die Werke der Marken Opel und Vauxhall. Finanziell ist Opel bereits von der kriselnden Mutter getrennt, hatte die Nachrichtenagentur Reuters zuvor von einer mit der Sache vertrauten Person erfahren. Die schwedische Marke Saab verhandelt eigenständig mit Investoren und würde nicht in das deutsche Treuhand-Modell einfließen.

Opel beschäftigt in seinen vier deutschen Werken rund 25.000 Menschen, europaweit 55.000.

Im Bieterrennen sind der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna, der Autokonzern Fiat, der Finanzinvestor RHJ und seit Dienstag offiziell auch der chinesische Autokonzern BAIC.

Noch viele Fragen offen

Das Angebot aus China sei aber sehr allgemein und lasse noch viele Fragen offen, verlautete aus dem Wirtschaftsministerium.

In der entscheidenden Runde sollten am späten Abend bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die zuständigen Minister, die Regierungschefs der vier Bundesländer mit Opel-Standorten, Vorstandschefs der Investoren sowie Vertreter von GM zusammenkommen. Vertreter der US-Regierung sollten voraussichtlich zugeschaltet werden. Eine Grundsatzentscheidung gilt als notwendig, weil die in den nächsten Tagen erwartete Insolvenz von GM eine Lösung komplizierter machen würde.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, eine Insolvenz von Opel werde es nicht geben. Guttenberg und die CDU/CSU-Fraktion hatten zuletzt betont, auch die Insolvenz müsse eine Option sein, wenn die Risiken für den Ausfall der Staatsbürgschaften bei einer Übernahme zu groß seien.

Der zunächst als Favorit gehandelte Magna-Konzern wehrte sich gegen Vorwürfe, das Unternehmen wäre nach einem Zusammenschluss mit Opel überschuldet. Magna und der russische Partner Sberbank würden die angekündigten Investitionen über 700 Millionen Euro zwar nicht vollständig als Eigenkapital einbringen, sondern teilweise über eine Wandelanleihe, heißt es in einem Brief des Zulieferers an GM. Die belgische Regierung forderte eine europäische Lösung für Opel und warnte die Bundesregierung in einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel vor einem deutschen Alleingang. Opel hat auch Standorte in Polen, Spanien und Belgien.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/mel/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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