Autoindustrie:BMW und Toyota schmieden deutsch-japanisches Bündnis

Hybridmotoren gegen Leichtbauteile: BMW und Toyota wollen künftig kooperieren. Die Münchner haben gar keine andere Wahl, als sich auf dieses Experiment einzulassen. Doch ähnliche Bündnisse endeten in hässlichen Rosenkriegen.

Thomas Fromm

Es ist kurz vor zwölf Uhr mittags, als zwei Automanager in dunklen Anzügen über den Platz am Rande der BMW-Zentrale am Münchner Olympiapark laufen. Hochgewachsen der eine, einen Kopf kleiner der andere. Der kleinere muss zwei Schritte machen, während der andere in derselben Zeit nur einen Schritt braucht. Aber immerhin, Akio Toyoda hält mit. Er ist auf gleicher Höhe.

BMW Toyota Kooperation

Akio Toyoda und Norbert Reithofer haben schon im März beschlossen, bei der nächsten Generation von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos zusammenzuarbeiten.

(Foto: dapd)

Das ist wichtig, denn der Chef des japanischen Autokonzerns Toyota will gleich vor der Presse erklären, wie er seine Zusammenarbeit mit BMW-Chef Norbert Reithofer ausbauen will. Der Massenhersteller Toyota, lange der größte Autokonzern der Welt, nunmehr zusammen mit BMW, dem größten Fabrikanten von Oberklasseautos: So etwas kann nur funktionieren, wenn man nebeneinander hergeht. Begegnung auf Augenhöhe.

Und doch haben die Beschlüsse der beiden Autobauer viel damit zu tun, dass Toyoda in seinem Metier ebenfalls schnell ist. Die Japaner gelten seit Jahren als Pioniere bei zukunftsweisenden Hybridmotoren - also einer Mischung aus klassischem Verbrennungsmotor und Elektromotor. Ein Vorsprung, den BMW allein kaum aufholen kann. Also will man bei Elektroantrieben und der Entwicklung von Brennstoffzellen künftig eng kooperieren. Im Gegenzug wollen die Japaner vom Know-how des Partners bei Leichtbaumaterialien und bei der Entwicklung von Bauteilen für einen umweltfreundlichen Sportwagen profitieren. Hier wiederum sind die Bayern vorne.

Obligatorische Treueschwüre

Er sei "voller Vorfreude bei dem Gedanken an die Sportwagen", die man in Zukunft zusammen entwickeln werde, sagt Toyoda. Er lächelt selig. Man muss wissen: Der Enkel des Konzerngründers ist passionierter Rennsport-Fan. Einer, der von Japan in die Eifel reiste, um bei Rennen am Nürburgring dabei zu sein. Nach dem gemeinsamen Auftritt mit dem BMW-Kollegen Reithofer testeten beide am Freitagnachmittag ein paar schnelle Autos aus München - auf besonderen Wunsch des Gastes aus Japan.

Doch zuerst muss das Duo in die Kameras lächeln und sich öffentlich die Treue schwören. Es ist sehr viel von Zukunft die Rede - und von Vertrauen. Das wird es brauchen, denn es geht um viel: Toyota und BMW wollen auf jenen Feldern kooperieren, auf denen sich die Frage nach Erfolg und Misserfolg eines Autoherstellers maßgeblich entscheiden wird. Gelingt es, gemeinsam leichte und umweltfreundliche Autos zu bauen? Koppeln sich die beiden allmählich vom klassischen Benzinmotor ab?

Schon im März hatten die zwei beschlossen, bei der nächsten Generation von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass BMW seine Dieselmotoren an die Japaner liefert. Drei Monate später geht es ans Eingemachte: Jetzt müssen beide über ihren Schatten springen und den anderen in ihre Forschungslabors schauen lassen.

Drei sind einer zuviel

Es ist immer auch ein Risiko, wenn Autobauer so eng zusammenrücken. Eine feine, gefährliche Gratwanderung zwischen handfesten Wirtschaftsinteressen, dem Schutz des eigenen Know-how und der Gefahr, dass Dritte mitschauen. Volkswagen und Suzuki hatten es versucht, herauskam ein hässlicher Rosenkrieg um viel Geld und Aktienanteile.

BMW wiederum hatte sich schon Anfang 2011 mit dem französischen Autokonzern PSA Peugeot Citroën zusammengetan - ausgerechnet bei der Hybridtechnologie wollten die beiden, die schon seit Jahren gemeinsam an Motoren arbeiten, kooperieren. Das Gemeinschaftsunternehmen "BMW Peugeot Citroën Electrification" galt als vorbildlich und sollte ab 2015 beide mit Hybridteilen versorgen. Dann kam der US-Autokonzern General Motors, kaufte sich bei den klammen Franzosen ein - seitdem ist die Ehe zerrüttet, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Drei ist in der Autobranche oft einer zu viel.

Das Joint Venture BMW-PSA steht vor dem Aus. Dabei ist es gar nicht so lange her, da stand Reithofer noch zusammen mit PSA-Chef Philippe Varin auf der Bühne eines Genfer Hotels, um die bayerisch-französische Liaison der Zukunft zu preisen. So wie er nun am Freitag mit Toyota-Chef Toyoda auf der BMW-Bühne in München stand. Aber so ist das in der Autobranche: Kooperationen werden sondiert, geplant, unterzeichnet. Dann beginnt der Alltag.

Gemeinschaftsunternehmen sind nicht geplant

Und doch hat BMW gar keine andere Wahl, als sich auf diese Experimente einzulassen. Daimler arbeitet mit Renault und Nissan; der Ingolstädter Erzrivale Audi kann sich günstig im konzernweiten Baukasten der Mutter Volkswagen bedienen. Mit seinen 1,67 Millionen verkauften Premium-Autos gehört BMW zwar zu den Teuren, aber nicht zu den Großen der Branche. Um seine Milliarden-Investitionen in die Entwicklung neuer Technologien nicht alleine stemmen zu müssen, ist BMW auf Partner angewiesen.

Die goldene Regel: Es sollten möglichst Unternehmen sein, die nicht im direkten Wettbewerb zu BMW stehen. PSA ist so ein Unternehmen und auch Toyota. Je weiter man auseinander liegt, desto leichter fällt es zu kooperieren.

Die Absichtserklärung, die Reithofer und Toyoda unterzeichneten, sieht eine gegenseitige Kapitalverflechtung der beiden Konzerne nicht vor. BMW bleibt also BMW und Toyota bleibt Toyota. Und: Auch Gemeinschaftsunternehmen sind derzeit nicht geplant. Das zeigt: Man geht zwar zusammen, um weniger allein zu sein - mehr aber auch nicht. Man weiß nie, was kommt.

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