Autobranche:Mitfahrer

Erst Volkswagen, dann Toyota. Sie beteiligen sich an Internetfirmen und bezahlen dafür viel Geld. Der digitale Wandel zwingt die Konzerne zum Pakt mit jungen Unternehmen und zu neuen Geschäftsmodellen.

Erst VW, dann Toyota. Im digitalen Wandel suchen die Autokonzerne die Nähe zu neuen Fahrdiensten. Fast zeitgleich verkündeten die beiden Erzrivalen die Beteiligung an Internet-Firmen: Volkswagen geht für 300 Millionen Dollar eine "signifikante Beteiligung" beim israelischen Vermittler Gett ein, Toyota steigt beim US-Dienst Uber ein. Über die prozentuale Höhe ihrer Beteiligung wollten beide Konzerne keine Angaben machen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, die Beteiligung von Toyota an Uber sei niedrig, der Konzern habe keine Absicht, die Kontrolle zu übernehmen. Das käme auch ziemlich teuer. Der Wert des Start-ups aus San Francisco wird auf mehr als 60 Milliarden Dollar geschätzt.

Die alten Konzerne wollen von den jungen Unternehmen lernen, wie Verbraucher solche Fahrdienste nutzen. Toyota will den Uber-Fahrern seine Fahrzeuge per Leasing anbieten oder verkaufen. Außerdem soll die gemeinsame Entwicklung von Apps für Fahrer ausgelotet werden. Uber ist die weltweite Nummer eins unter den Fahrdienst-Vermittlern.

Gett ist den Angaben zufolge in mehr als 60 Städten weltweit aktiv, darunter New York und London. In einem Großteil von Manhattan bietet die Firma Fahrten zu einer Flatrate von zehn Dollar an. VW-Chef Matthias Müller bezeichnete die Beteiligung als "Meilenstein". Auch als Reaktion auf den Abgas-Skandal hatte er angekündigt, dass sich der Konzern zu einem "Mobilitätsdienstleister" wandeln wolle. Einzelheiten der neuen Strategie will Müller im Sommer vorstellen. Gemeinsam mit Gett will VW digital vernetzte Dienstleistungen rund um das Thema Mobilität ausweiten. Die Vermittlungs-Plattform von Gett könne "auch als Grundlage dienen, um tragfähige Modelle für den On-Demand-Betrieb selbstfahrender Autos zu entwickeln", erklärte der Konzern.

Toyota beteiligt sich an Uber, VW steigt für 300 Millionen Dollar beim Konkurrenten Gett ein

Digitaler und gesellschaftlicher Wandel zwingen die Autokonzerne zu neuen Geschäftsmodellen. Es gibt immer mehr junge Menschen, die Autos zwar nutzen, aber nicht mehr besitzen wollen. Schon im Herbst 2014 kaufte der Stuttgarter Daimler-Konzern über seine Tochter Moovel die Hamburger Intelligent Apps GmbH, Betreiberin der Taxi-App Mytaxi. Zu Moovel gehört auch der Carsharing-Anbieter Car 2 Go. Anfang 2016 investierte die Opel-Mutter General Motors eine halbe Milliarde Dollar in den Uber-Konkurrenten Lyft, angeblich um Roboter-Taxis zu testen.

Über die Fahrdienste erschließen sich die Konzerne auch neue Absatzwege für ihre Autos. Lyft zum Beispiel will den neuen elektrischen Chevrolet Bolt von GM nutzen. Car 2 Go fährt Mercedes. Der BMW-Konzern bestückt Drive Now, ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Autovermieter Sixt, mit seinen Fahrzeugen.

Klassische Autohersteller und Internet-Konzerne kommen sich immer näher. Der IT-Konzern Apple arbeitet laut Medienberichten auch an einem eigenen Auto, investierte jüngst eine Milliarde Dollar in den chinesischen Uber-Konkurrenten Didi. Ford experimentiert mit einer eigenen Mitfahr-App und Fiat Chrysler sucht bei Google Hilfe bei der Entwicklung selbstfahrender Autos. Uber, aber auch der chinesische Internet-Konzern Baidu, arbeiten an eigenen Techniken für Roboter-Wagen. Die Vision ist, dass selbstfahrende Taxis, die per App bestellt werden, den Verkehr in den Städten drastisch entlasten und sicherer machen.

SZ, Bloomberg, dpa

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