Autoabsatz:Vollbremsung im kommenden Jahr

Fluch und Segen der Abwrackpämie: Viele Hersteller fürchten 2010 massive Einbrüche - mit neuen Modellen und billigeren Autos wollen sie der Krise entgehen.

M. Kuntz

"Auf der nächsten Stufe automobiler Evolution wird Ihr Unternehmen eine Rolle spielen." So rief es Daimler-Chef Dieter Zetsche am Mittwoch seinen Aktionären bei der Hauptversammlung im Congress-Centrum Berlin zu.

Autoabsatz: Abwrackprämie: Auf welche Hersteller verteilen sich zum Beispiel die Anträge? Für Großdarstellung bitte auf die Grafik klicken.

Abwrackprämie: Auf welche Hersteller verteilen sich zum Beispiel die Anträge? Für Großdarstellung bitte auf die Grafik klicken.

(Foto: Grafik: SZ)

Daimler hat zwar zur Zeit massive Absatzprobleme wie die meisten anderen Autohersteller, doch eines bleibt zumindest der Hauptmarke Mercedes erspart: Das Ende der Abwrackprämie wird bei dem Hersteller luxuriöser Autos keinen erneuten Einbruch bei den Verkäufen auslösen.

Mercedes ist ebenso wie die Premiumhersteller BMW und Audi oder gar Porsche wenig von der Staatsprämie tangiert - im positiven wie im negativen Sinne.

Erfreut in den Auftragsbüchern vermerkt

Das ist anders bei den Produzenten von Fahrzeugen der Kompakt- und Mittelklasse. Hier haben der Marktführer Volkswagen aber auch seine Wettbewerber Opel und Ford bei den deutschen Herstellern ebenso wie die ausländischen Firmen aus Frankreich und Italien den Run auf die Abwrackprämie erfreut in ihren Auftragsbüchern vermerkt. Umgekehrt droht diesen sogenannten Massenherstellern ein neuerlicher Absturz nach dem Auslaufen der stattlichen staatlichen Förderung im kommenden Jahr.

Denn wer sich jetzt gerade ein neues Auto gekauft hat, der erwirbt 2010 nicht schon wieder eines. Kaum ein Automanager erwartet, dass die Finanzkrise dann bereits vorüber ist.

Die Konzerne, die jetzt bereits Kurzarbeit angemeldet haben, bekommen dann ein weiteres Problem. Bei Volkswagen hat man daher stets dafür plädiert, die Abwrackprämie über die 1,5 Milliarden Euro für nur 600.000 Altautos hinaus zu verlängern.

Keine Dauerlösung

Konzernchef Martin Winterkorn gab beim Genfer Salon Anfang März die Linie vor und ein ganzer Chor von VW-Managern nutzte danach jeden öffentlichen Auftritt, um für mehr staatliche Hilfe zu werben. Doch auch den Wolfsburger Führungskräften ist klar, dass dies keine Dauerlösung ist. Sie passt VW allerdings sehr gut in die Strategie.

Denn für den inzwischen nach Toyota und General Motors drittgrößten Hersteller der Welt ist der aktuelle Golf nur eine Zwischenlösung. VW wird den nächsten Golf mit Hilfe eines neuen Baukastens herstellen, der erhebliche Kostenvorteile bringt. Ihn könnte VW als attraktives Modell zu wettbewerbsfähigen Preisen nach der Abwrackprämie präsentieren.

Außerdem will VW mit einer Kleinwagen-Familie (Arbeitstitel "Up!") an den weltweiten Siegeszug des legendären Käfers anknüpfen. Das Auto soll zunächst in Bratislava gebaut und später in Versionen für die Ballungsräume angeboten werden, in den Industriestaaten aber auch für die in den aufstrebenden Schwellenländern.

Trend zu umweltfreundlicheren Autos

Attraktive und erschwingliche Autos sind nach Meinung von Branchenexperten das wirksamste Mittel gegen den Käuferstreik, der in Deutschland schon zweieinhalb Jahre dauert und der mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer begonnen hatte.

Dabei geht der Trend nicht unbedingt zu kleineren, sehr wohl aber zu umweltfreundlicheren Autos. Zetsche formulierte das jetzt so: "Eine zunehmende Zahl von Premium-Kunden will heute mit grünem Gewissen S-Klasse fahren."

Was wird aus Opel? Was aus General Motors? Wie lange dauert die Finanzkrise? Wo geht es zuerst wieder aufwärts? Das sind Fragen, auf die es vorerst keine Antworten gibt, die aber schon eine Rolle spielen für der Zeit nach der Abwrackprämie.

Solche Staatshilfen gibt es ja auch anderswo, etwa in China und bald auch in den USA. Eine Stärke der deutschen Autoindustrie ist in jedem Fall ihre globale Ausrichtung - sowohl bei der Herstellung wie auch beim Verkauf.

Nicht ausschließen mag man schließlich in den Chefetagen der deutschen Autokonzerne angesichts der politischen Unwägbarkeiten im Wahlkampf zum Bundestag eine Lösung wie in Italien. Dort wurde die Abwrackprämie bereits Mitte der neunziger Jahre eingeführt - und bis heute mehrfach verlängert.

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