Auto:Spurwechsel

BMW - Hauptversammlung

"Wir denken nicht von Quartal zu Quartal", sagt BMW-Chef Harald Krüger, der hier im i3 vorfährt. Irgendwann wird das E-Auto Standard sein.

(Foto: Jan Woitas/dpa)

"Mobilitätsanbieter" statt Autokonzern: BMW will mit Elektroautos in die Zukunft, nur leider folgen die Kunden noch nicht. Beim Rivalen Audi hat man ganz andere Sorgen.

Von Thomas Fromm und Gianna Niewel

Yu Heng Wong, 24 Jahre alt und BWL-Student, ist so, wie sich große Unternehmen ihre Aktionäre wohl wünschen.

Er ist extra schon am Vortag mit dem Zug aus Dortmund zur BMW-Hauptversammlung nach München angereist. Kritikpunkte? Keine. "Es ist schwierig, hier nicht begeistert zu sein", sagt er. Vor einem Jahr habe er seine Aktien gekauft. Weil BMW schon auf Elektroautos gesetzt habe, als andere Autobauer darüber noch gelächelt hätten, sagt er. Dass die Mehrheit der Deutschen bei der neuen Technologie noch nicht mitziehe, sei ja per se kein BMW-Problem. Sondern ein gesellschaftliches.

Mit der Gesellschaft ist das so eine Sache. Da versucht ein Autokonzern schon Jahre im Voraus zu verstehen, wo die Gesellschaft hin will, biegt dann rechts ab, aber die Gesellschaft fährt weiter geradeaus. Also in die Richtung, die sie immer schon nahm. 50 000 seiner Elektroautos i3 und i8 hat BMW bisher verkauft - das ist nicht viel bei einem Jahresabsatz von zwei Millionen Autos. Ein Aktionär kritisiert, der Konzern verschenke das Geld der Aktionäre, indem er staatliche Prämien für Elektroautos mitfinanziere.

In fünf Jahren soll der BMW iNext kommen: autonom, elektrisch, vernetzt

Das ist natürlich ein schwaches Argument. Viele Autokonzerne können ihre Autos ohnedies nur verkaufen, indem sie die mit Riesenrabatten in die Autohäuser stellen. Ist so eine kleine Herstellerprämie nicht das Gleiche? Konzernchef Harald Krüger hat auf so etwas eine Antwort parat. Er sagt: Der "BMW i ist mehr als ein Auto".

Zumindest aus BMW-Sicht ist das so. Die Münchner haben ihre Luxusklasse, den 7er, ein Rolls-Royce-Cabrio. Autos, die noch immer mit dafür sorgen, dass der Konzern Milliardengewinne einstreicht. Aber die Welt ändert sich, Krüger will mehr Nachhaltigkeit und sein Unternehmen in einen - er sagt es wirklich so - "Hightech-Mobilitätsanbieter" verwandeln. Er plant dabei in Fünf-Jahres-Schritten: 2021 soll ein Auto auf den Markt kommen, dass die Münchner BMW i Next nennen. Ein autonom fahrendes Auto, digital vernetzt, elektrisch. Bis dahin müsste sie eigentlich so weit sein, die Gesellschaft.

Und wenn nicht? Das Problem eines alten Dax-Konzerns wie BMW ist, dass sein Aktienkurs nach den alten Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Absatz rauf, Gewinn rauf, Prognose hervorragend - Aktie hoch. Wenn man aber Hightech-Mobilitätsanbieter werden will, dann ist das alles nicht mehr so einfach. Krüger will daher raus aus diesem alten Korsett. Er weiß, dass das Thema von den Aktionären kommen wird, und er spricht es daher gleich selbst an: "Seit Jahresbeginn ist die BMW-Aktie gegenüber Ende 2015 um über 20 Prozent gesunken", sagt er. Aber, und das ist die Botschaft: "Auch für den Aktienkurs gilt: Wir denken nicht von Quartal zu Quartal."

Es gibt aber auch die Aktionäre, die es gerne noch schneller hätten. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) findet BMW zu langsam. Bei den Elektroautos sei man sehr früh gestartet, "und jetzt verlässt sie ein bisschen der Mut". Und ein Fondsmanager wünscht sich mehr Kalifornien in Bayern. "Warum bringt BMW im Gegensatz zu Tesla bei der Elektromobilität die PS einfach nicht auf die Straße?", fragt er. "Tesla ist an der Börse mit 25 Milliarden Euro schon halb so viel wert wie BMW, verkauft aber bislang nur zwei Prozent der Fahrzeuge." Eine gute Frage, die aber wohl mehr mit dem wundersamen kalifornischen Phänomen Tesla als mit dem Dax-Konzern BMW zu tun hat.

Nördlich von München lud an diesem Tag ein anderer Premiumhersteller zur Hauptversammlung, und anders als um Aktienkurse und die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für Elektroautos ging es in Ingolstadt um grundsätzlichere Fragen. "Unser Ausblick für das laufende Geschäftsjahr steht unter einer Reihe von negativen Vorzeichen", sagte Audi-Chef Rupert Stadler. "Die Belastungen aus der Dieselaffäre sind noch nicht verdaut." Die VW-Tochter, die im vergangenen September mit in den Strudel der Dieselaffäre geraten war, musste sich mit schweren Vorwürfen ihrer Aktionäre auseinandersetzen. Hauptkritikpunkt: die Bonuszahlungen für die Manager des Konzerns. "Das steht doch alles in keinem Verhältnis mehr", sagte ein Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und forderte den Vorstand auf, auf die Millionen zu verzichten. Stadler verwies auf die Verträge - diese gälten "in guten wie in schlechten Zeiten".

Schlechte Zeiten, gute Zeiten: Siegfried Mayer, 64, war an diesem Donnerstag aus Regensburg nach München gereist. Als BMW-Aktionär schaue er natürlich auch nach Wolfsburg, sagt er, wegen des Abgasskandals. Nicht hämisch, sagt Mayer, sondern "fast mitleidig".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: