Auto: Geheimplan Wolfsburg:VW-Patron Piëch lässt es bei Porsche müllern

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VW-Patriarch Piëch definiert die Rolle von Porsche im VW-Konzern neu: Der Sportwagenhersteller soll mit neuen Modellen angreifen. Alle Hoffnungen gelten einem Mann mit Namen Matthias Müller.

Der Frieden währte nur ein knappes Jahr. Als sich VW-Patriarch Ferdinand Piëch im Juli vergangenen Jahres nach einem erbitterten Machtkampf um die Übernahme von Porsche endgültig durchgesetzt hatte, war klar, dass der Stuttgarter Sportwagenhersteller seine Autonomie weitgehend verloren hatte.

Strategen im Hintergrund: VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch (r.) und der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn bei der Porsche-Hauptversammlung in Stuttgart im Januar 2010. (Foto: ddp)

Der neue Eigner Volkswagen beteuerte zwar, dass Porsche immer etwas Besonderes bleiben würde - und viel mehr sei als nur eine zehnte Konzernmarke. Mit Michael Macht folgte zudem ein Hausgewächs auf den geschassten Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Doch schon damals galt das nur als Beruhigungspille für die aufgewühlten Porsche-Mitarbeiter. Ein Machtmensch wie Piëch hatte nicht so lange um Porsche gerungen, um die Zuffenhausener weiter vor sich hinwerkeln zu lassen.

Nun nehmen Piëchs Pläne mit Porsche Konturen an. Seit Tagen schon zirkulieren Spekulationen, dass Macht als VW-Produktionsvorstand nach Wolfsburg aufrücken solle - man kann auch sagen, er werde wegbefördert. Ersetzt werden soll der 49-jährige Stuttgarter durch Matthias Müller. Das ist der bisherige VW-Chefstratege und ein Vertrauter des Konzernchefs Martin Winterkorn. Und der ist ein enger Intimus von Patron Piëch.

Unzufrieden mit Macht

Wolfsburg räumt in Zuffenhausen auf, das ist die Botschaft.

Langsam wird deutlich, welches Kalkül hinter der Personalrochade steckt. Der designierte Porsche-Chef Müller hatte mit Winterkorn schon in dessen Chefzeit bei der Ingolstädter VW-Tochter Audi zusammengearbeitet. Aus VW-Kreisen berichtet das Handelsblatt, Piëch sei mit dem Führungsstil von Macht unzufrieden gewesen. Bei Porsche gehe es bisweilen "drunter und drüber", zitiert die Zeitung einen VW-Manager.

Auch bei Porsche selbst soll der Führungsstil Machts nicht überall auf Gegenliebe gestoßen sein. Vor allem Porsche-Manager aus der mittleren Führungsebene seien unzufrieden, schreibt das Handelsblatt. Nach dem erzwungenen Abgang von Wendelin Wiedeking vermissten sie eine starke Führungspersönlichkeit.

Noch-Chef Macht solle deswegen nun nach Wolfsburg weggelobt werden - und den neuen Wiedeking soll Matthias Müller geben. Der 57-Jährige gilt als sportlich robuster Typ, dem es nicht an Durchsetzungsvermögen mangele. Als "sehr kantige Persönlichkeit" beschreiben ihn Freunde. Er sei "sehr direkt" und schnauze die Leute schon mal an. Kurzum: Müller stellt jene Führungsfigur dar, die bei Porsche nach dem Abgang des raubeinigen Wiedeking vermisst werde.

Konkurrenz zwischen Audi und Porsche

Doch das sind nicht die einzigen Vorzüge, die Müller aus Sicht der VW-Strategen aufweist. Im Gegensatz zum amtierenden Porsche-Chef kennt der gebürtige Chemnitzer mit bayerischer Sozialisation die Spezifika des VW-Konzerns ganz genau. Technik, Umsetzung, Organisation - überall weiß der Produktstratege Bescheid.

Außerdem leitete Müller von 2003 bis 2007 das Produktmanagement bei Audi und entwickelte damals erfolgreich die Modelle A4 und A5. Diese Erfahrung kann bei etlichen der anstehenden Entscheidungen nützlich sein.

Derzeit stehen Audi und Porsche in Konkurrenz um die Federführung bei den Mittelmotor-Sportwagen. Sollte sich Porsche unter Müller durchsetzen, könnte Audi damit wohl leichter leben. "Er ist eine echte Integrationsfigur", heißt es bei VW.

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Erst nach einiger Geheimniskrämerei hat VW seine Roadster-Studie ins Rampenlicht der Detroit Autoshow gefahren - und beschwört vergangene Zeiten.

Seine Beliebtheit bei Mitarbeitern - trotz des burschikosen Führungsstils - könnte Müller auch den Umang mit den starken Porsche-Betriebsräten erleichtern. In Zuffenhausen wird über die nächste Standortsicherung verhandelt. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück will die Produktion der Modelle Boxter/Cayman komplett und auf Dauer an den Stammsitz holen. Dort wird bisher der 911er gefertigt, die Produktion würde von 32.000 auf 50.000 Fahrzeuge im Jahr ansteigen.

VW-Manager Matthias Müller gilt als durchsetzungsfähig aber auch als Integrationsfigur. (Foto: dpa)

Neue Baureihe

Ein Vorstandschef Müller soll bei Porsche aber nicht nur den Status quo verwalten, sondern bei dem Sportwagenhersteller auch die ambitionierten Pläne des VW-Aufsichtsratschefs und Porsche-Miteigners Ferdinand Piëch umsetzen.

Dem Handelsblatt zufolge will der Konzern-Hausherr seiner Edelmarke eine fünfte Baureihe verpassen. Dabei gehe es um einen Geländewagen unterhalb des Cayenne. Das Unternehmen hat bereits angekündigt, den Absatz mittelfristig auf 150.000 Fahrzeuge verdoppeln zu wollen. Dazu seien weitere Baureihen notwendig.

Porsche war in den vergangenen Jahren vor allem durch die Verbreiterung der Produktpalette gewachsen. Neben dem Klassiker 911 hat der Sportwagenbauer mittlerweile die Mittelmotorenbaureihe Boxster/Cayman, den zusammen mit VW entwickelten Geländewagen Cayenne sowie seit vergangenen Herbst den viertürigen Panamera im Programm.

Audi bietet mit dem Q5 bereits einen kleinen Geländewagen an. Ein Börsianer meinte in einer ersten Reaktion auf den Bericht, die Pläne für eine fünfte Baureihe könnten den Porsche-Kurs stützen, zumal der Sportwagenhersteller mit seinen Neueinführungen zuletzt immer sehr erfolgreich gewesen sei.

Spielzeuge für den Patriarchen

Als strategisches und technisches Vorzeigeprojekt soll nach Piëchs Wunsch zudem die Entwicklung des in Genf als Studie präsentierten Hybridsportwagens 918 Spyder vorangetrieben werden, schreibt das Handelsblatt. Branchenkreisen zufolge soll der voraussichtlich gut eine halbe Million Euro teure Supersportwagen in einer neuen Manufaktur, intern genannt Edel-Schmiede, am Porsche-Stammsitz Zuffenhausen von Hand gefertigt werden.

Die technischen Daten des 918 Spyder klingen ganz nach Piëch: 500 PS, und bei einem Benzin- und Elektroantrieb soll das Fahrzeug in der Spitze 320 Stundenkilometer erreichen, aber weniger als drei Liter Sprit verbrauchen.

Neben dem Veyron der VW-Konzernmarke Bugatti hat der Patriarch somit vielleicht sein zweites Spielzeug gefunden.

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