Ausschreibung :Maut-Eintreiber gesucht

Ausschreibung : Die Pkw-Maut war das Prestigeprojekt der CSU.

Die Pkw-Maut war das Prestigeprojekt der CSU.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Verkehrsminister Dobrindt treibt die umstrittene Pkw-Abgabe voran und vergibt die ersten Aufträge. Die Frist endet am 1. August.

Von Markus Balser, Berlin

Der Auftrag gilt als einer der größten, den die Bundesverwaltung derzeit überhaupt erteilt. Konzerne wie IBM oder die Telekom dürften sich das Dutzend Formulare mit dem Geschäftszeichen 1735/G14 in den nächsten Tagen ganz genau ansehen. Denn seit Dienstag hat das Bundesverkehrsministerium die Ausschreibungsunterlagen für die Einführung der Pkw-Maut freigeschaltet. Damit läuft die Frist. Wer Interesse an einem Milliardengeschäft hat, muss sich bis zum 1. August am Hauptsitz in der Berliner Invalidenstraße melden. Letzte Frist: 13 Uhr.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) treibt die Vorbereitungen für die umstrittene Abgabe damit in hohem Tempo voran. Europaweit gesucht werden Anbieter, die beide Systeme entwickeln, aufbauen und betreiben, wie aus den Bekanntmachungen des Ministeriums hervorgeht. Die Verträge sollen jeweils zwölf Jahre laufen und für drei Jahre verlängert werden können. Der Zuschlag in dem mehrstufigen Vergabeverfahren soll erst nach der Bundestagswahl am 24. September erteilt werden. Der konkrete Start der Maut werde weiterhin für 2019 angestrebt, heißt es. Dobrindt setzt die Vorbereitungen derzeit in Gang, nachdem die EU-Kommission ihren Widerstand gegen die Pläne offiziell aufgegeben hat. Zum Streit hatte die unter dem Strich stärkere Belastung von Ausländern geführt. Denn Inländer sollen die "Infrastrukturabgabe" für Autobahnen und Bundesstraßen zwar zahlen. Sie werden aber voll mit einer geringeren Kfz-Steuer wieder entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen für Autobahnen elektronische Vignetten für unterschiedliche Zeiträume kaufen. Nach Abzug der Systemkosten soll die Pkw-Maut gut 500 Millionen Euro jährlich für Straßen-Investitionen einbringen. Die Zahlungen an die Betreiber sollen jährlich bei etwa 140 Millionen Euro liegen.

Die Ausschreibung zeigt, wie das System künftig funktionieren soll. Wer den Zuschlag des Bundes bekommt, muss unter anderem die Höhe der Maut festsetzen und Bescheide an die Autobesitzer verschicken. Zu den Aufgaben gehören auch die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, Mahnungen und das Bearbeiten von Ausnahme-Anträgen und Widersprüchen. Denn wer glaubhaft belegen kann, dass er keine Autobahnen nutzt, soll von der Maut befreit werden können. Aus den Interessenten sollen nach dem 1. August vier Bewerber ausgesucht werden.

Neben dem Betreiber wird auch ein Kontrolleur gesucht. Er soll ein System betreiben, das 100 automatisierte Einrichtungen an Autobahnen umfassen wird. Dabei sollen Mautzahler durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich erkannt werden. Bis Mitte Juli läuft eine erste Frist für Interessenten. Drei Interessenten sollen in die nächste Runde kommen. Zu den möglichen Bewerbern gehören europäische Mautsystemanbieter und -betreiber, etwa die italienische Autostrade. Aber auch hiesige Logistik-Unternehmen wie die Deutsche Post werden als mögliche Interessenten gehandelt. Das Toll-Collect-System für die Berechnung der streckenabhängigen Lkw-Maut ist technisch nicht für die Pkw-Erfassung geeignet, könnte aber umgerüstet werden. Hauptgesellschafter von Toll Collect sind Daimler und die Deutsche Telekom. Allerdings belasten Ermittlungen gegen aktive und ehemalige Mitarbeiter des Lkw-Maut-Betreibers die Beziehungen zum Bund. Erst im Mai hatte es eine Razzia in der Toll-Collect-Zentrale in Berlin wegen Betrugsverdachts zu Lasten des Bundes gegeben. Die EU-Kommission hatte Mitte Mai ihren Widerstand gegen die deutsche Pkw-Maut aufgegeben und ihr Vertragsverletzungsverfahren eingestellt. Probleme bei der Umsetzung könnte es dennoch geben, weil andere EU-Staaten juristische Schritte gegen die Maut planen. So hatte Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried kürzlich angekündigt, gegen die deutsche Abgabe vorgehen zu wollen. Österreich strebt den Angaben zufolge eine Klage beim Europäischen Gerichtshof an.

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