Aussage Gribkowskys gegen Ecclestone:Späte Einsichten

Prozess gegen Bernie Ecclestone

Gerhard Gribkowsky (links), ehemaliger BayernLB-Vorstand, kommt in Begleitung seines Anwalts Daniel Amelung nach der Mittagspause als Zeuge zurück zum Prozess gegen Formel-1-Chef Ecclestone im Landgericht in München (Bayern).

(Foto: dpa)

Vertauschte Rollen: Diesmal ist Formel 1-Chef Bernie Ecclestone der Angeklagte, Banker Gerhard Gribkowsky wichtigster Zeuge. Der weckt mit seiner Aussage zuerst Zweifel am Bestechungsvorwurf gegen Ecclestone, doch dann erinnert er sich plötzlich wieder.

Aus dem Gericht von Christoph Giesen

Der Saal ist derselbe, die Protagonisten sind es auch. Nur diesmal ist Formel-1-Boss Bernie Ecclestone der Angeklagte und der bereits verurteilte Ex-BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky der Hauptbelastungszeuge. Fast acht Stunden dauerte die Befragung , lange war Gribkowsky vage geblieben. Oft hatte er Formulierungen gewählt, die wenig aussagen. Er sagte Sätze wie: Das habe man am Telefon besprochen. Immer dieses "man", wie junge Bundesligaprofis, die zum ersten vor einer Fernsehkamera stehen. Doch dann zum Ende des Tages berichtete der ehemalige BayernLB-Vorstand auf einmal von früheren Bestechungsversuchen. 2004, sagte er, habe Ecclestone ihm zehn Millionen Dollar angeboten, 2005 sogar 80 Millionen. Völlig neue Summen in einem Prozess, in dem es eigentlich um 44 Millionen Dollar geht. Kurz danach vertagte das Gericht die Sitzung. Geklärt werden muss: Hat Ecclestone Gribkowsky mit 44 Millionen Dollar bestochen, als die Landesbank sich vor acht Jahren von ihrer Formel-1-Beteiligung trennte? Gribkowsky hat bereits in einem früheren Prozess gestanden, er sei geschmiert worden. Ecclestone dagegen behauptet, der Ex-Landesbanker habe ihn erpresst.

Bevor die Befragung begann, stellte die Verteidigung den Antrag, Akten aus einem eingestellten Ermittlungsverfahren beizuziehen. In seiner Begründung griff Verteidiger Norbert Scharf den Zeugen an: "Gribkowsky zeigt keine Scheu, unwahre Tatsachen zu behaupten", sagte er.

Der Ex-Vorstand könne eine solche Überzeugungskraft an den Tag legen, dass Staatsanwälte ein umfangreiches Verfahren anstrengen. Als Beleg zitierte er aus einem SZ-Artikel von 2011: Tausende Seiten hatten die Strafverfolger damals geprüft, 15 Zeugen vernommen, und alles, weil Gribkowksy behauptet hatte, dass seine ehemaligen Kollegen unkalkulierbare Risiken eingegangen seien, als sie sich mit Schrottpapieren eingedeckt hatten. "Er hat uns einen Bären aufgebunden", wird einer der Ermittler zitiert. Der Banker kam in Begleitung seiner drei Anwälte, trug einen Anzug mit Einstecktuch und kaute Kaugummi.

Die Lage damals in den Jahren 2004 und 2005 war schwierig für die BayernLB

"Sie haben sie oft genug gehört, diese Belehrung. Diesmal gilt sie Ihnen", sagte Richter Peter Noll und begann die Personalien abzufragen. ("Ladungsfähige Adresse: Justizvollzugsanstalt München, ist das korrekt?) Noll war es, der Gribkowsky 2012 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt hatte.

Im Zeugenstand behauptete Gribkowsky zunächst, zum ersten Mal sei 2006 über Geld gesprochen worden. Damals traf er Ecclestone beim Grand Prix in Bahrain. Die Formel 1 war gerade an den britischen Finanzinvestor CVC verkauft worden, an Ecclestones Wunschpartner. "Er hat mich gefragt: Did you get a bonus?" Gab es einen Bonus? "Nein. Er sagte: fucking bank." Daraufhin habe Ecclestone ihn aufgefordert: "Tell me a number", nenne mir eine Summe. "Ich antwortete: 50 Millionen." In einem Umschlag habe er einen Vertragsentwurf übergeben, sagte Gribkowsky. "Der wanderte in die berühmte schwarze Aktentasche von Herrn Ecclestone."

Wofür habe er das Geld erhalten, fragte Richter Noll. "Ich habe diese Frage nie gestellt." Ecclestone behauptet, Gribkowsky habe versucht, ihn bei den britischen Steuerbehörden zu verpfeifen, aus Angst habe er gezahlt. Ecclestones wunder Punkt: Seine Familienstiftung Bambino. In den Neunzigerjahren hatte er seine Anteile an der Formel 1 in diese Stiftung eingebracht, um Erbschaftsteuern zu sparen. Die einzige Bedingung: Ecclestone darf mit dem Trust nichts zu tun haben. Setzte Gribkowsky Ecclestone also unter Druck? Um den Fall zu verstehen, muss man zehn Jahre zurückgehen: Die Lage, sie war damals in den Jahren 2004 und 2005 schwierig für die BayernLB. Zum einen gab es Streit mit den Autoherstellern, manche planten eine eigene Rennserie, ohne Ecclestone, ohne die BayernLB. Zum anderen war da noch das Duell mit Bambino. Der Trust hielt zwar nur 25 Prozent der Anteile, doch in den Aufsichtsräten der Formel-1-Gesellschaften hatte die Stiftung die Stimmmehrheit.

Die Strategie sei damals darauf ausgerichtet gewesen, Bambino und Ecclestone zum Einlenken zu bewegen, sagte Gribkowsky. Als in London vor Gericht geklärt werden sollte, wer wie viele Aufsichtsräte stellen darf, habe die BayernLB vortragen lassen, "dass Bambino und Ecclestone eins sind, nicht aus steuerlichen Gründen. Das war nur Mittel zum Zweck, um Einigungsdruck zu erzeugen."

Nach fast acht Stunden sagt er: "Ich weiß nicht, was Sie meinen"

In einer zentralen Frage legte sich Gerhard Gribkowsky jedoch fest: Die Anklage vertritt die Auffassung, Ecclestone habe einen Amtsträger bestochen. Gribkowsky sagte, dass der Formel-1-Boss ihn mehrmals "Civil Servant", also einen Beamten, genannt habe. Ecclestone habe demnach gewusst, dass die BayernLB ein staatliches Institut seit, die Verteidigung bestreitet das. Die Vernehmung wird am Dienstag fortgesetzt.

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