Audi:Besuch im Gefängnis

Am Mittwoch haben Ermittler erstmals den inhaftierten Audi-Chef Rupert Stadler vernommen. Sie wollen unter anderem klären, ob weitere Ermittlungen oder gar Durchsuchungen notwendig sind.

Von Klaus Ott

Vergangene Woche noch saß er im Chefbüro in Ingolstadt, diese Woche nun sitzt er im Gefängnis und am Vernehmungstisch: Sehr viel größer hätte der Einschnitt im Berufsleben des langjährigen, inzwischen beurlaubten Audi-Chefs Rupert Stadler nicht ausfallen können. Am Mittwoch jedenfalls stand eine Aussage Stadlers bei der Staatsanwaltschaft München II an, die ihn des Betrugs an Autokäufern und der Vertuschung verdächtigt. Die Staatsanwälte aus München vernahmen ihn "vor Ort", wie sie mitteilten. Vor Ort: Das hieß in diesem Fall aber nicht, dass Stadler nach München gebracht wurde, sondern die Ermittler begaben sich nach Gablingen bei Augsburg, wo Stadler in Untersuchungshaft sitzt. Was aber hat Stadler den Staatsanwälten gesagt?

Die beteiligten Parteien gaben sich wortkarg. Von allen Seiten hatte es zuvor schon geheißen, man wolle vorläufig Stillschweigen über die Vernehmung bewahren. Die Ermittler wollen in Ruhe auswerten, was Stadler erklärte, und prüfen, wie das Gesagte einzuschätzen ist. Ob damit erst einmal alles gesagt ist; ob der beurlaubte Audi-Chef zumindest den Verdacht zerstreuen kann, er habe die Untersuchungen behindern wollen; und ob aufgrund der Aussage weitere Ermittlungsschritte nötig sind. Das könnten dann Zeugenvernehmungen sein oder Durchsuchungen. Stadler und seinem Anwalt wiederum dürfte daran gelegen sein, in Ruhe zu klären, ob eine Entlassung aus dem Gefängnis möglich wäre.

Audi CEO, Rupert Stadler arrives for the company's annual news conference in Ingolstadt

Der beurlaubte Audi-Chef Rupert Stadler, hier 2017 bei der Vorlage der Bilanz. Foto: Lukas Barth/Reuters

(Foto: Lukas Barth/Reuters)

Zumindest eines aber war schon vorher klar gewesen: Dass Stadler nicht am Tegernsee vernommen wird. Dort hat im Frühjahr der andere Untersuchungshäftling im Fall Audi ausgesagt, Wolfgang Hatz. Allerdings nicht, weil es dort so schön ist und die Ermittler ihm wenigstens einen Blick auf den See und die Berge ermöglichen wollten. Sondern weil Hatz dort zur Reha weilte, nach einer Operation mit anschließendem Aufenthalt im Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft München II hätte den früheren Leiter der Aggregate-Entwicklung bei Audi und späteren Porsche-Entwicklungsvorstand auch nach München bringen lassen können, per Gefangenentransport. Das aber wären für einen 59-Jährigen, der sich gerade von einer nicht ganz einfachen Operation erholt, unnötige Strapazen gewesen.

Um Stadler soll es bei den Vernehmungen von Hatz nicht gegangen sein. Und eine Art Geständnis, wie bei einem früheren Untersuchungshäftling, einem ehemaligen Audi-Ingenieur, haben die Ermittler auch nicht bekommen. Ganz im Gegenteil. Aus Kreisen von Verfahrensbeteiligten heißt es, Hatz habe weiterhin den Vorwürfen widersprochen, er habe von Manipulationen bei Audi gewusst und zudem versucht, die Abgasaffäre und deren Ausmaß zu vertuschen. Das hatte im vergangenen Sommer der erste Untersuchungshäftling im Fall Audi behauptet, der Ingenieur Giovanni P.

Das Geld ist da

Die in der Dieselaffäre gegen den VW-Konzern verhängte Milliardenbuße ist in der niedersächsischen Landeskasse eingegangen. Das sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Hannover. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte in der vergangenen Woche eine Milliarde Euro Geldbuße gegen den Konzern wegen Aufsichtspflichtsverletzung im Abgasskandal verhängt. Das Land Niedersachsen gehört zu den größten Anteilseignern bei VW und hält 20 Prozent der Stimmrechte im Konzern, Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sitzen als Vertreter des Landes im VW-Aufsichtsrat. Geprüft wird derzeit noch, ob der VW-Konzern die Geldbuße zumindest in Teilen steuerlich geltend machen kann. Weil sagte, die Geldbuße werde wird nicht in den Länderfinanzausgleich eingerechnet. dpa

P. hatte nach diversen Vernehmungen erzählt, Hatz habe ihm nach Beginn der Affäre geraten, ruhig zu bleiben. Die Devise von Hatz habe gelautet, man solle nicht mit Audi und VW in Konflikt geraten. Nicht offen, aber doch indirekt habe Hatz deshalb P. empfohlen, nichts zu sagen. Zudem übergab P. drei handgeschriebene Seiten von Hatz, die sich aus Sicht der Ermittler lesen wie eine Anleitung für beschwichtigende Aussagen zur Abgasaffäre.

Dies und weitere Verdachtsmomente reichten der Münchner Justiz, um Hatz Ende September 2017 wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft zu nehmen. Mehrere Anläufe des früheren Audi-Managers und späteren Porsche-Vorstands, mit langen Schriftsätzen seiner Anwälte den Haftbefehl von Gerichten aufheben oder zumindest außer Vollzug setzen zu lassen, blieben erfolglos. Es folgten die Vernehmungen am Tegernsee.

Dort soll Hatz erklärt haben, die handgeschriebenen Seiten seien nicht dafür gedacht gewesen, P. Anleitungen zu geben für dessen Aussagen bei den internen Ermittlungen bei Audi und der Konzernmutter Volkswagen. Es sei einfach eine Hilfestellung für die Verhandlungen von P. mit Audi über die Aufhebung des Arbeitsvertrags gewesen. Also keine Vertuschung, sondern alles ganz harmlos. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, was von diesen Angaben zu halten ist. Und ob Hatz nun freigelassen werden soll, oder nicht.

Im Falle Stadlers gibt es ebenfalls noch viel Arbeit für die Ermittler. Mögliche Zeugen bei Audi, die etwas sagen könnten zu dem Vertuschungsverdacht, der Stadler ins Gefängnis gebracht hat, werden jetzt sicherlich sehr schnell und akribisch als Zeugen vernommen. Und ob nur eine Vernehmung bei Stadler genügt, muss sich auch erst noch zeigen.

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