Atomfonds:Nukleare Rendite

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Der Bund legt den Atomfonds in die Hände von Investment-Profis. Der wurde nach der Abkehr von der Nuklearenergie gegründet. Die EU-Kommission muss noch prüfen, ob der Fonds gegen Beihilferecht verstößt. Unklar ist auch, was das Ende der Atomkraft kosten wird.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Bundesregierung hat für die Verwaltung des milliardenschweren Atomfonds offenbar professionelle Manager gefunden. Wie aus Regierungskreisen verlautete, soll der Vorstand von der Commerzbank-Aufsichtsrätin Anja Mikus geleitet werden. Mikus war von 2001 bis 2013 Investment-Chefin der Fondsfirma Union Investment. Zuletzt verantwortete sie das Anlagegeschäft des britischen Fondsmanagers Arabesque. Zum "Chief Operation Officer" soll den Informationen zufolge Victor Moftakhar berufen werden. Er leitete zuletzt die Geschäftsführung des Sparkassen-Unternehmens Deka Investment. Zum "Chief Risk Officer" solle Jürgen Seja bestellt werden. Zuvor saß er 17 Jahre lang im Vorstand der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe in Hannover. Entsprechende Verhandlungen mit den dreien seien eingeleitet, hieß es.

Sobald diese Verhandlungen abgeschlossen sind, wäre der Fonds einsatzbereit - wenn er denn schon die Arbeit aufnehmen könnte. Das zugehörige Gesetz ist schon seit dem Winter verabschiedet, die Modalitäten sind schon ausgehandelt - doch bislang steht die offizielle Notifikation durch die EU-Kommission noch aus. Sie muss prüfen, ob der Atomfonds womöglich gegen Beihilferecht verstößt.

Denn den Grundstock des Fonds erhalten die drei Vorstände von den deutschen Atomkonzernen. Mit Zinsen sollen RWE, Eon, EnBW und Vattenfall zum 1. Juli rund 24,1 Milliarden Euro an den "Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung" überweisen. Im Gegenzug sind sie alle langfristigen Verpflichtungen los: Sie müssen zwar noch selbst die Atomkraftwerke "zurückbauen". Die radioaktiven Abfälle allerdings nimmt dann der Bund in seine Obhut - und lässt sich die Kosten vom Fonds erstatten.

Die radioaktiven Abfälle nimmt der Bund in seine Obhut

Wie hoch diese Kosten sein werden, wann sie anfallen, weiß heute niemand. Denn den größten Anteil wird die Einrichtung eines Atom-Endlagers verschlingen. Dafür allerdings hat noch nicht einmal die Suche so richtig begonnen, seit Kurzem stehen erst die Kriterien, denen es genügen soll. Jede Klage, jedes unvorhergesehene Problem beim Bau kann die Kosten nach oben treiben. Mindestens über die nächsten 60, wenn nicht 100 Jahre muss der Fonds deshalb mit den Milliarden klarkommen.

Das verlangt ein ordentliches Management, und so will es auch das Gesetz. "Der Vorstand besteht aus drei Mitgliedern, die über große Erfahrung in der Anlage und dem Management bedeutender Vermögen verfügen", heißt es schon in Paragraf 5. Allerdings gibt es auch noch eine Reihe weiterer Paragrafen, die das Management nicht unbedingt erleichtern müssen. So ist der Vorstand an die Beschlüsse des Kuratoriums gebunden, das wiederum aus Vertretern verschiedener Ministerien und des Bundestages besteht. Sie bestellen den Vorstand - und werden darauf achten, dass die Banker zwar die Milliarden mehren, dabei aber nicht zu viel Risiko eingehen. Auch kann das Finanzministerium Anlagerichtlinien erlassen. Die Erwartungen sind hoch: Die Konzerne hatten mit einem Zins von 4,58 Prozent kalkuliert. Bis ins nächste Jahrhundert.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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