Arzneimittelpreise:Rösler gegen die Pharmariesen

Die Krankenkassen erhöhen aggressiv die Beiträge: Jetzt will der Gesundheitsheitsminister die Arzneimittelpreise in den Griff bekommen.

Die FDP bewegt sich normalerweise auf Schmusekurs zu den großen Konzernen. Doch angesichts der jüngsten Beitragserhöhungen für viele Kassenpatienten geht Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nun auf Konfrontation zur Pharmaindustrie und will die Preise für Medikamente senken. Er werde ein abgestimmtes Konzept vorlegen, "um Arzneimittelpreise dauerhaft in den Griff zu bekommen", sagte Rösler nach einem Spitzentreffen mit Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen.

Rösler, dpa

Bundesgesundheitsminister Rösler will die Kosten für Arzneimittel senken.

(Foto: Foto: dpa)

Auch Kassen-Vorschläge für schnelle Abhilfe würden geprüft. Vorrangig gehe es aber um eine dauerhaft strengere Bewertung neuer, teurer Mittel. Wann neue Regeln gelten sollen, blieb jedoch offen.

Weitere Gespräche mit der Pharmaindustrie würden in den nächsten Wochen folgen, sagte Rösler. Der Vize-Vorsitzende des Kassen- Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg, mahnte: "Jeder eingesparte Euro erhöht die Chance, weitere Zusatzbeiträge zu verhindern."

Der Chef des Ersatzkassenverbands, Thomas Ballast, sagte: "Es ist jetzt an der Politik, diesen Diskussionsprozess zu Ende zu führen und die Vorschläge auch aufzugreifen."

Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes gefordert

Die Kassen fordern eine rasche Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel von 19 auf sieben Prozent, eine deutliche Erhöhung des Herstellerabschlags für Arzneien, die Rücknahme einer Absenkung des Apothekenabschlags und eine Reduzierung der Großhandelsmarge für Medikamente. "Wir gehen davon aus, dass mit raschen Einsparungen genau die Mittel aufgebracht werden können, die uns derzeit im Gesundheitsfonds fehlen", sagte der Geschäftsführer des BKK-Bundesverbands, Heinz Kaltenbach. Das wären 2010 rund vier Milliarden Euro.

Rösler kündigte eine Prüfung an, machte aber deutlich, dass er vorrangig auf längerfristige Regeländerungen setzt. "Insbesondere haben wir diskutiert über die Kosten-Nutzen-Bewertung", sagte er. Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Herbert Reichelt, forderte: "Langfristig kommt es darauf an, dafür zu sorgen, (...) dass Preisfestsetzung nicht mehr beliebig durch die Hersteller gemacht werden kann."

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie schlug vor, dass die Kassen auch weiter den vollen Herstellerpreis eines neuen Mittels sofort nach Zulassung bezahlen sollten. Einzelverträge zwischen Kassen und Herstellern sollten den Betrag aber senken, den die Kassen bezahlen müssen. Reichelt wies dies als ungenügend zurück.

Grünen-Chefin Claudia Roth warf Rösler mangelnde Ergebnisse vor. "Das ist NRW-Wahlkampf-Aktionismus", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die Linken-Expertin Martina Bunge kritisierte, "dass die Bundesregierung sich auf Nebenschauplätzen rumschlägt, anstatt dass sie mit einer konzertierten Aktion die Zusatzbeiträge verhindert".

Mittlerweile hätten acht gesetzliche Kassen Zusatzbeiträge beantragt, sagte der Sprecher des Bundesversicherungsamts, Tobias Schmidt. Weitere Anträge seien wahrscheinlich.

Vier Anträge seien genehmigt - darunter auch diejenigen der BKK für Heilberufe und der Gemeinsamen Betriebskrankenkasse Köln (GBK). Diese Kassen erheben den Höchstbetrag von bis zu 37,50 Euro im Monat. Die Mitglieder anderer Kassen müssen dagegen acht Euro zahlen, darunter auch die 4,9 Millionen Mitglieder der DAK. Den Kassen fehlen dieses Jahr rund vier Milliarden Euro. Dennoch wollen mehr als 50 Kassen das ganze Jahr über ohne Zusatzbeiträge auskommen.

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