Argentinien zahlt Ölkonzern Repsol-YPF aus:Preis der Unabhängigkeit

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Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner

(Foto: REUTERS)

Weil sie dem Konzern Repsol die Stirn bot, wurde sie wieder einmal mit Evita verglichen: Jetzt aber wird Argentiniens Präsidentin Kirchner das spanische Ölunternehmen ausbezahlen, dessen Tochter sie verstaatlicht hatte. Denn ganz ohne ausländische Investoren kommt sie nicht an das Öl des Landes.

Von Jannis Brühl

Unabhängigkeit gibt es nicht umsonst. Argentinien hat sich mit dem spanischen Ölkonzern Repsol vorläufig geeinigt, das Unternehmen zu entschädigen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Dessen Tochter YPF war von Argentinien im vergangenen Jahr verstaatlicht worden. Im Gegenzug für angeblich fünf Milliarden Dollar werde Repsol seine Klage vor der Weltbank zurückziehen, teilte die Regierung von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner mit. Der Verwaltungsrat von Repsol soll am Mittwoch abschließend entscheiden.

Populistische Regierungen in Südamerika wenden sich in den vergangenen Jahren vermehrt gegen ausländische Energiekonzerne. Die gelten ihnen und ihren Wählern als Teile eines Systems, das an den Bodenschätzen des Kontinents verdient, ohne die Länder selbst angemessen zu beteiligen. Auch Venezuela, Ecuador und Bolivien haben Teile des Rohstoff- und Energiesektors verstaatlicht.

Kirchner hatte sich mit der Konzernspitze von Repsol-YPF überworfen. Diese weigerte sich, mehr in Argentiniens Ölvorkommen zu investieren. Den Aktionären seien die hohen Ausgaben nicht zu vermitteln, hieß es. Kirchner antwortete mit Verstaatlichung.

Die Präsidentin verkaufte das als Vision: Nach dem Vorbild des Nachbarn Brasilien sollte ein starker staatlich kontrollierter Ölsektor den Treibstoff für das Wachstum des Schwellenlandes liefern.

Doch auch wenn manche Argentinier ihr daraufhin in Erinnerung an die Frau des einstigen Präsidenten Juan Perón als neuer Evita huldigten, bisher jedenfalls wurde die Hoffnung auf mehr Unabhängigkeit enttäuscht. Investoren fürchteten weitere Verstaatlichungen, das Land muss nach wie vor deutlich mehr Energie importieren als es ausführt - ein Missverhältnis, das die Verstaatlichung eigentlich beheben sollte. Kirchners Regierung ist inzwischen weniger aggressiv, wenn es um ausländische Unternehmen geht. Sie hofft, dass nach Beilegung des Streits mit Repsol wieder verstärkt Investoren ins Land kommen, die durch die Verstaatlichung abgeschreckt wurden. Das Land braucht nämlich internationales Kapital, um seine Vorkommen an Schiefer-Öl und -Gas zu erschließen und Devisen ins Land zu bringen.

Argentinien zahlt Ölkonzern Repsol-YPF aus: Eine Frau demonstriert im April 2012 für Präsidentin Kirchner und die Verstaatlichung von Repsol-YPF.

Eine Frau demonstriert im April 2012 für Präsidentin Kirchner und die Verstaatlichung von Repsol-YPF.

(Foto: AFP)

Der Spagat zwischen einem starken Staat in der Wirtschaft und Investitionen aus dem Ausland soll der neue Wirtschaftsminister überwachen, der erst vor einer Woche berufene 42-jährige Axel Kiciloff. Der linke Ökonom war schon an der Verstaatlichung von Repsol beteiligt.

YPF war in den zwanziger Jahren von der argentinischen Regierung gegründet worden und 1993 privatisiert worden. Die in Südamerika verhassten Finanzinstitutionen, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank, hatten Argentinien und viele andere Länder zu breit angelegten Verkäufen von Staatseigentum gedrängt.

Dass Argentinien die Übernahme von 51 Prozent an Repsol-YPF durchdrückte, hatte zu diplomatischem Streit zwischen Spanien und seiner ehemaligen Kolonie geführt. Die Regierung in Madrid war besonders erbost, weil die Einnahmen aus dem boomenden Rohstoffgeschäft in Zeiten der Krise besonders wichtig für das Land sind, das von einer Bankenkrise und hoher Arbeitslosigkeit geplagt wird.

Zur Höhe der Entschädigung wurde zunächst nichts bekannt. Ein Insider sagte, die spanische Regierung habe eine Summe von fünf Milliarden Dollar vorgeschlagen.

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