Arcandor: Protest in Berlin:"Das Warenhaus lebt"

Lesezeit: 2 min

Tausende Mitarbeiter des ums Überleben kämpfenden Kaufhauskonzerns Arcandor haben vor dem Wirtschaftsministerium Hilfe eingefordert. Der Hausherr stellte sich dem Protest.

Mit lautstarken Protesten forderten Mitarbeiter des angeschlagenen Warenhaus- und Touristikkonzerns Arcandor vor dem Bundeswirtschaftsministerium Überlebenshilfen für das Unternehmen.

"Wir sind das Herz der Innenstadt:" Arcandor-Mitarbeiter vor dem Wirtschaftsministerium in Berlin. (Foto: Foto: AP)

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stellte sich den Demonstranten und hielt eine kurze Rede.

Der CSU-Politiker sicherte den Demonstranten die sorgfältige Prüfung des Antrags auf eine Staatsbürgschaft zu. Daran müssten aber die für solche Fälle vorgeschriebenen Maßstäbe und Kriterien angelegt werden. Die Größe des Unternehmens spiele dabei keine Rolle, sagte der Minister.

Es gebe keine Vorfestlegung, bevor der Antrag geprüft sei. Das werde jetzt "gewissenhaft und nach den Regeln der Vernunft" geschehen. Er wisse, dass die Zeit dränge, fügte Guttenberg hinzu.

Vor seinem Ministerium hatten sich nach Polizeiangaben 6000 Beschäftigte des Essener Handels- und Touristikkonzerns versammelt, zu dem die Warenhauskette Karstadt gehört. Die Gewerkschaft Verdi sprach von 7500 Teilnehmern.

Die Demonstranten hielten Plakate und Transparente mit Aufschriften wie "Wir Karstädter sind es wert, Herr zu Guttenberg" oder "Staatsbürgschaft ist sinnvoller als Arbeitslosengeld" sowie das "Wir sind das Herz der Innenstadt" in die Höhe.

Zusage vor dem 12. Juni nötig

Arcandor hat staatliche Bürgschaften in Höhe von 650 Millionen Euro sowie einen Kredit über 200 Millionen Euro bei der staatlichen KfW Bankengruppe beantragt.

Der Bürgschaftsausschuss der Bundesregierung wird darüber an diesem Donnerstag beraten, eine Entscheidung wird aber noch nicht erwartet. Arcandor braucht eine Zusage vor dem 12. Juni, denn zu diesem Datum läuft ein Kredit über 650 Millionen Euro aus. Die letzte Wort in Sachen Staatshilfe hat der sogenannte Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds.

Unterdessen gingen die Rettungsbemühungen für Arcandor offensichtlich auch an anderer Stelle weiter: Finanzkreisen zufolge verhandeln Arcandor-Manager mit Eigentümern der Karstadt-Immobilien über Mieterleichterungen. Es gebe konstruktive Gespräche und beide Seiten seien zuversichtlich, zu einer Einigung zu kommen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. "Niemand auf Seiten der Immobilienbesitzer hat ein Interesse an einer Insolvenz von Arcandor", sagte einer der Insider. Um die Kosten für Arcandor zu senken, werde etwa über eine Stundung von Mieten gesprochen.

Bilanzvorlage erneut verschoben

Die Karstadt-Immobilien gehören überwiegend einem Konsortium um Fonds von Goldman Sachs und die Deutsche-Bank-Tochter Rreef. Diese seien auch mit Blick auf die eigenen Geldgeber an stabilen Mieteinnahmen und einem langfristigen Mieter interessiert, sagte ein weiterer Insider.

Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick hatte vor kurzem bereits angekündigt, mit den Vermietern über bessere Konditionen sprechen zu wollen. Das Konsortium wollte sich nicht zu den Informationen äußern. Bei Arcandor war zunächst niemand zu erreichen.

Wegen der laufenden Finanzierungsverhandlungen gab Arcandor zudem bekannt, die die Vorlage der Halbjahreszzahlen für das laufende Geschäftsjahr 2008/09 erneut zu verschieben. Die Bilanzdaten sollen nun erst am 18. Juni veröffentlicht werden, teilte die im MDAX notierte Gesellschaft am Mittwoch in Essen mit. Bisher war der 29. Mai vorgesehen.

© sueddeutsche.de/dpa-AFX/Reuters/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: