Arbeitswelt:Zu blöd für Mathe

Eine Studie zeigt: Vorurteile sind fest verankert, und Studierende beurteilen weibliche Lehrkräfte schlechter.

Von Charlotte Theile, Zürich

Die Frage, die am Anfang einer wissenschaftlichen Publikation steht, ist meist kompliziert. Fachfremde Leser müssen zumeist den Forschungsstand nachholen, um zu verstehen, welche Antworten ein Paper sucht und welche Relevanz diese haben könnten. In einer Veröffentlichung des IZA Institute of Labor Economics ist dagegen alles ganz einfach. Warum, wollten die Autoren der Studie wissen, gibt es so wenige Professorinnen?

Die Ausgangslage ist klar: Immer mehr Frauen beginnen ein Studium, der Anteil derjenigen, die es bis ganz nach oben schaffen, bleibt klein. Das Institut, das sich mit der Ungleichbehandlung der Geschlechter in der Arbeitswelt beschäftigt, hat hierzu fast 20 000 Bewertungen von Studenten der School of Business and Economics an der Universität Maastricht ausgewertet. Das Ergebnis bestätigt die These vom "Gender Bias" (den geschlechterbezogenen Vorurteilen). Die Studie trägt den Namen: "Gender Bias in Teaching Evaluations."

In Mathe-Vorlesungen beurteilen die Studenten ihre weiblichen Lehrkräfte konsequent schlechter

Studierende beurteilen weibliche Lehrkräfte demnach systematisch schlechter als männliche. Das gilt vor allem dann, wenn es sich um eine mathematische Vorlesung handelt. Besonders schlecht schnitten weibliche Lehrkräfte bei ihren männlichen Zuhörern ab: 21 Prozent der schlechteren Bewertung der männlichen Studenten sei nicht durch objektive Kriterien erklärbar, befanden die Autoren. Bei den weiblichen Studierenden betrug diese Abweichung immer noch acht Prozent. Je höher die Lehrkräfte in der wissenschaftlichen Hierarchie standen, desto kleiner wurde der Effekt. Die Evaluationen von Lehrkräften haben im wissenschaftlichen Betrieb große Auswirkungen auf die Karriere. Wer bei den Studierenden nicht gut ankommt, hat es schwer, sich auf der akademischen Leiter nach oben zu bewegen.

Geschlechterbezogene Vorurteile sind in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus geraten. Im Frühjahr 2017 etwa erregte die Geschichte eines Mannes aus Philadelphia Aufmerksamkeit. Er hatte für zwei Wochen die Email-Adresse seiner weiblichen Kollegin verwendet - und sich seither konstant mit Kunden herumschlagen müssen, die seine Kompetenz in Frage stellten. Seine Kollegin, die während der zwei Wochen nicht als Nicole Hallberg sondern als Martin R. Schneider in Email-Konversationen auftrat, erlebte die Zeit als ungewöhnlich angenehm. Der Kontakt mit den Kunden verlief weitgehend mühelos. Man solle die Ergebnisse von studentischen Evaluationen generell mit Vorsicht genießen, heißt es im Fazit, vielleicht könne man den Nachteil, den junge Frauen in der akademischen Welt haben, irgendwie herausrechnen. Wie das gehen soll?

Unklar. Dann folgt ein Verweis auf eine Studie von 2005, die einen klaren Zusammenhang zwischen der optischen Attraktivität der Lehrenden und deren Lehr-Beurteilungen gemessen hat.

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