Arbeitsmarktprognose:Trügerische Botschaften

Möglicherweise hat Deutschland bald schon weniger als drei Millionen Arbeitslose. Doch auch dann werden viele Menschen ohne Perspektive bleiben. Es ist Zeit für eine Agenda 2020.

Thomas Öchsner

Es ist eine kleine Sensation, die das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit verkündete: Die Arbeitslosenzahl könnte 2011 im Jahresschnitt unter die Marke von drei Millionen rutschen. Noch weniger offiziell registrierte Jobsuchende gab es zuletzt 1991.

ZEW-Konjunkturerwartungen

Die Nürnberger Arbeitsmarktforscher kalkulieren damit, dass es 2011 weniger als drei Millionen Arbeitslose geben wird.

(Foto: dpa)

Während in anderen Industrieländern die Arbeitslosenquote in der Krise hochschnellte, legte sie hierzulande nur leicht zu. Zu allzu viel Selbstlob besteht für die Bundesregierung aber kein Anlass. Bis zur Vollbeschäftigung gibt es noch viel zu tun.

Die Nürnberger Arbeitsmarktforscher machen in ihrer Untersuchung auf ein Grundproblem des deutschen Arbeitsmarkts aufmerksam: Vom Abbau der Arbeitslosigkeit werden auch in Zukunft vor allem diejenigen profitieren, die nur kurzzeitig keine Stelle haben und Arbeitslosengeld I beziehen.

Wer dagegen ins Hartz-IV-System abgerutscht ist und zu den Langzeitarbeitslosen gehört, wird oft zum Dauerkunden der Jobcenter. Dort wieder herauszukommen, bleibt schwer.

Das "Fördern" funktioniert schlechter als das "Fordern". Daran wird auch ein neuer Name für Hartz IV nichts ändern, egal ob er nun wie geplant "Basisgeld" oder "Leyengabe" lautet, wie manche Witzbolde in Anspielung auf die Arbeitsministerin meinen.

Hinzu kommt die zunehmende Spaltung des Arbeitsmarkts. Wer schon drin ist, ist häufig viel besser gestellt als diejenigen, die nachkommen. Viele neue Jobs entstehen im Niedriglohnsektor, viele Arbeitsverträge sind befristet, viele gibt es nur in der Zeitarbeitsbranche.

Andererseits werden nicht nur der Industrie bald Fachkräfte fehlen. Bislang hat die Bundesregierung kein Konzept vorgelegt, wie sie auf diese Probleme reagieren will. Es ist Zeit für eine Agenda 2020.

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