Arbeitsmarkt:Einfach mal der Krise trotzen

Weniger Arbeitslose - nach einem Jahr, in dem die Wirtschaft so stark einbrach wie lange nicht mehr. Doch jetzt müssen die Industriestaaten die Balance zwischen Schuldenabbau und Wachstum finden.

Alexander Hagelüken

Die Zahl könnte ins Staunen versetzen: Im Juni gab es so wenige Arbeitslose wie nie in einem Juni seit fast zwei Dekaden. Und das nach einem Jahr, in dem die deutsche Wirtschaft so stark einbrach wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Die gute Nachricht vom Arbeitsmarkt hat mehrere Gründe. Wer sie betrachtet, stellt fest: Gute Wirtschaftspolitik ist nicht so schematisch marktradikal, wie es viele Ökonomen, Politiker und Manager postulieren.

Vorschau: Agentur fuer Arbeit veroeffentlicht Arbeitsmarktzahlen

Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen um knapp 90.000 gesunken.

(Foto: ag.ddp)

Ein Grund für die hohe Beschäftigung sind die flexiblen Arbeitszeitmodelle, die Gewerkschaften und Unternehmen vereinbarten. Arbeitnehmer konnten so in der Krise Überstunden abfeiern. Daraus lässt sich lernen, dass der Konsens der Sozialpartner Deutschland international nicht hemmt, sondern stärkt.

Eine weitere Ursache sind die großzügigen Kurzarbeiter-Regeln. Sie widersprechen dem marktradikalen Prinzip, der Staat solle sich aus dem Arbeitsmarkt heraushalten. Aber sie erwiesen sich als Segen für viele Arbeitnehmer, genauso wie für ihre Firmen, die trotz der Krise ihre qualifizierte Stammbelegschaft halten konnten. Bleiben als positiver Faktor noch die Konjunkturprogramme, die klassischen Ökonomen ebenfalls ein Graus sind, aber den Unternehmen in der Rezession Aufträge und Zuversicht erhielten, so dass sie Entlassungen vermieden. Aus all dem lässt sich ableiten, dass Wirtschaftspolitik flexibel sein sollte, aber nicht dogmatisch.

Wie es am Arbeitsmarkt weitergeht, hängt nun stark davon ab, ob die Industriestaaten global die Balance zwischen Schuldenabbau und Wachstum finden. Auch hier sind ungewöhnliche Antworten gefragt: Sparen alle stur gleichzeitig, kippt die Konjunktur und es gibt mehr Arbeitslose als nötig.

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