Arbeitsmarkt:Der Kompetenzcheck

Schueler aus Eritrea sitzen am 09 12 2015 im Deutsch Sprachunterricht der VHS im Seminarraum des Ber

Männer aus Eritrea im Deutschunterricht. Bei vielen Zuwanderern fehlt eine gute Schulbildung.

(Foto: imago)

Was können Flüchtlinge? Viele Syrer und Iraner haben Abitur. Bei Afghanen sieht es dagegen schlecht aus.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Ayanle Mohamed ist 17 Jahre alt und stammt aus Somalia. Seit mehr als einem Jahr lebt er in Deutschland und sucht einen Job als Lagerhelfer, Küchenhilfe oder Hilfsarbeiter. Das hat er in seinem Profil auf dem Internet-Jobmarkt für Flüchtlinge www.workeer.de angegeben. Ob er eine Schule besucht hat und welche, ist dort aber nicht angegeben.

Welche Qualifikationen bringen die mehr als eine Million Flüchtlinge mit, die 2015 nach Deutschland kamen? Viel wird darüber gemutmaßt. Aber harte Fakten gibt es nur wenig, weil es keine aktuellen bundesweiten Erhebungen gibt. Nur einen Anhaltspunkt liefert eine ältere Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB). Das forschte nach, wie es bei Asylbewerbern aussieht, die in den vergangenen 20 Jahren hier Schutz fanden. Das Ergebnis war eher ernüchternd: 60 Prozent der Erwachsenen im Alter von 25 bis 64 Jahren waren 2013 Ungelernte. Das lässt sich aber nicht einfach auf die Flüchtlinge von heute übertragen, die oft aus anderen Ländern mit anderen Bildungssystemen kommen.

Deutlich aktueller ist eine nicht repräsentative Befragung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bei mehr als 105 000 Asylsuchenden, die bis Ende August 2015 erfolgte. Danach gaben 16,6 Prozent der Befragten an, eine Universität oder Fachhochschule besucht zu haben. Knapp 30 Prozent erklärten eine Mittelschulbildung zu haben. Etwa ein Viertel war auf der Grundschule. Das sagt jedoch noch nichts über die berufliche Qualifikation aus und darüber, wie die Schulabschlüsse deutschen Anforderungen entsprechen.

In Österreich wollte es nun der staatliche Arbeitsmarktservice genau wissen: Er checkte die Kompetenz von 900 Flüchtlingen. Das Ergebnis ist auch für Deutschland interessant: Danach hängt der Bildungsgrad stark davon ab, aus welchem Land ein Flüchtling kommt.

So haben 29 Prozent der befragten Syrer Abitur. Bei den Flüchtlingen aus dem Irak sind es 40 Prozent. Ein Studium haben ein Viertel der Syrer und etwa 40 Prozent der Iraker und Iraner. Auffällig ist, dass die Akademikerquote bei den Frauen durchweg höher ist als bei den Männern. Gerade diejenigen aus dem Iran brächten aber "kaum Berufserfahrung" mit, sagte AMS-Chef Johannes Kopf. Eine Berufsausbildung kann ohnehin nur eine Minderheit vorweisen: Hier liegt der Anteil bei den Befragten aus allen drei Ländern bei zum Teil deutlich unter 20 Prozent. Fast alle Befragten bringen jedoch zumindest irgendeine Form der Schulbildung mit.

Ganz anders sieht es bei den Flüchtlingen aus Afghanistan aus: Fast ein Drittel der Befragten hat gar keine Schule besucht, fast die Hälfte war nur auf der Grund- oder Pflichtschule. "Hier zeigt sich, was 40 Jahre Krieg ausmachen können", sagte Kopf. Vor allem bei Frauen sei die Schulbildung gering. Dies liege auch daran, dass Frauen unter der Taliban-Herrschaft überhaupt nicht zur Schule hätten gehen dürfen. Trotzdem dürfte die Zahl der Analphabeten nur bei etwa zehn Prozent liegen. Einige bringen auch Berufserfahrung mit, allerdings in Berufen, die in Österreich oder Deutschland nicht gerade gefragt sind, wie Uhrmacher, Teppichknüpfer oder Goldschmied.

Ayanle Mohamed, der 17-Jährige aus Somalia, hat bereits zehn Monate in einer Fahrrad- und Holzwerkstatt gearbeitet. Er bietet seine Arbeitskraft auch mit dem Hinweis an: "Für mich ist es auch möglich, am Wochenende zu arbeiten und unter der Woche ab 16 Uhr."

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