Arbeitsbedingungen bei Online-Händler:Arbeitsagentur belastet Amazon-Leiharbeitsfirma

Amazon, Trenkwalder

Mitarbeiter im Amazon-Logistik-Zentrum in Bad Hersfeld. 

(Foto: dpa)

1000 Mitarbeiter verlieh Trenkwalder im Weihnachtsgeschäft an Amazon, einige kamen aus Spanien und Schweden. In der Debatte um schlechte Arbeitsbedingungen bei Amazon gerät nun auch die Zeitarbeitsfirma unter Druck: Die Bundesagentur für Arbeit hat Verstöße gegen geltende Gesetze festgestellt. Mit dem Fall Amazon beschäftigt sich mittlerweile auch der Bundestag.

Von Sibylle Haas

Im Zusammenhang mit der Leiharbeit beim Onlinehändler Amazon gerät die Zeitarbeitsfirma Trenkwalder stärker in den Fokus der Behörden. Die Bundesagentur für Arbeit hat Verstöße gegen geltende Gesetze festgestellt. Trenkwalder hatte am Tag zuvor noch Vorwürfe im Zusammenhang mit der schlechten Behandlung von Leiharbeitern bei Amazon zurückgewiesen.

Amazon waren in einer Fernsehreportage der ARD menschenunwürdige Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern aus Spanien und Polen in seinem Versandlager in Bad Hersfeld vorgeworfen worden. "Die Prüfung des Zolls hat zu keiner Beanstandung geführt. Die Prüfung der Bundesagentur für Arbeit hat die öffentlich vorgebrachten Anschuldigungen nicht bestätigt", teilte Trenkwalder mit.

Ungewohnt klar meldete sich am Mittwoch die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg zu Wort: "Die BA hat gemeinsam mit der Zollverwaltung unverzüglich nach Ausstrahlung der ARD-Dokumentation 'Ausgeliefert' eine Sonderprüfung bei der Firma Trenkwalder durchgeführt. Dabei wurden Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz festgestellt." Art und Umfang der Verstöße wollte die BA nicht nennen.

"Wir mussten auf die Meldung von Trenkwalder reagieren", sagte eine Sprecherin. Die BA habe natürlich nicht nur die "öffentlich vorgebrachten Anschuldigungen" untersucht. So seien auch die Leiharbeitsverträge einschließlich der Löhne überprüft worden. Die Prüfer hätten auch geschaut, ob Stundennachweise korrekt seien und die Sozialversicherungsbeiträge richtig abgeführt wurden. Auch Überlassungsverträge und Rechnungen hätten sie sich angesehen. "Die Prüfergebnisse liegen vor", sagte die Sprecherin. "Nun entscheiden wir, welche Konsequenzen wir ziehen." Möglich seien Auflagen, Bußgelder oder Lizenzentzug. Auch Stichproben an anderen Standorten seien denkbar.

"Wir wollen keine schwarzen Schafe"

Die Firma Trenkwalder zeigte sich davon überrascht. Die Angelegenheit werde geprüft. "Wir können derzeit aber noch nichts dazu sagen", sagte ein Firmensprecher am Mittwochnachmittag. "Zeitarbeit ist eine etablierte Beschäftigungsform auf dem deutschen Arbeitsmarkt", sagte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker. Es müsse sich aber jeder an die Regeln halten. "Wir sehen unsere Aufgabe darin, diese Regeln zu überwachen und bei Verstößen dagegen vorzugehen. Das sind wir auch den Menschen schuldig, die in der Zeitarbeit beschäftigt sind. Wir wollen keine schwarzen Schafe", so Becker.

Trenkwalder hatte nach eigenen Angaben etwa 1000 Mitarbeiter zur Abdeckung von Auftragsspitzen im Weihnachtsgeschäft 2012 an Amazon verliehen. Davon seien etwa 60 aus Spanien und Schweden in ihren jeweiligen Heimatländern von der Bundesagentur für Arbeit rekrutiert worden. "Aus administrativen Gründen wurde Trenkwalder von der Firma Amazon gebeten, diese Mitarbeiter anzustellen und zu überlassen", teilte Trenkwalder mit.

Amazon hat in dieser Woche der Sicherheitsfirma und dem Unternehmen gekündigt, das für Unterbringung, Transport und Einsatz der Sicherheitskräfte verantwortlich war.

Regierung und Opposition streiten über Konsequenzen

Auch im Bundestag sind die Arbeitsbedingungen bei Amazon Thema: Koalition und Opposition sind sich über die Konsequenzen aus der Leiharbeiteraffäre beim Internet-Versandhändler Amazon uneins. Redner von Union und FDP sehen in den Vorgängen einen zwar skandalösen Einzelfall, lobten aber die von der Regierung sofort eingeleitete Überprüfung.

SPD, Linke und Grüne warfen der Regierung dagegen vor, sie sei nicht bereit, Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt wieder herzustellen. Über die Vorgänge bei Amazon - die parteiübergreifend verurteilt wurden - diskutierten die Abgeordneten im Bundestag in einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde.

Für die SPD forderte die Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller umfassende Kontrollen für Leiharbeitsfirmen. Die von der Regierung erst aufgrund eines Fernsehberichts veranlasste Firmenüberprüfung komme zu spät. Ihr Fraktionskollege Klaus Barthel sagte: "Amazon ist fast überall."

Redner von Union und FDP verwahrten sich dagegen, die Leiharbeitsbranche unter Generalverdacht zu stellen. "Die Kontrolle funktioniert", sagte der Unions-Arbeitsmarktexperte Karl Schiewerling (CDU). Es sei aber unakzeptabel, dass Amazon erst durch das Kunden-Verhalten an seine ethische Verantwortung erinnert worden sei.

Für die Linksfraktion forderte Jutta Krellmann: "Wenn wir den Missbrauch in der Leiharbeit wirklich beenden wollen, müssen wir die Leiharbeit abschaffen." FDP-Fraktionsvize Heinrich Kolb hielt dagegen: "Politischer Handlungsbedarf besteht nach jetzigem Erkenntnisstand nicht."

Mit Material von dpa

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