Aquakultur:Im künstlichen Bächlein

Birnbaum's Fischzucht

Monatelang waren die Teiche der Freisinger Fischzüchter Peter Baumgartner und Benjamin Nadler gesperrt, jetzt können sie auf Schadenersatz klagen (Symbolbild).

(Foto: Jakob Berr)

Die Deutschen essen immer mehr Fisch und Muscheln aus Zuchtbetrieben. Das macht die Verbraucherschützer nur zum Teil glücklich.

Von Benedikt Müller

Im berühmten Kunstlied "Die Forelle", das Franz Schubert 1817 komponiert hat, angelt der Fischer die Forelle noch mit der Ruthe in einem Bächlein. Heute, 200 Jahre später, erfreut sich die Forelle zwar ungebrochener Beliebtheit, ob sie nun geräuchert, blau oder Müllerin Art auf den Teller kommt. Doch wird in Deutschland längst mehr Süßwasserfisch aus künstlich angelegten Zuchtgewässern geangelt denn aus natürlichen Seen, Flüssen oder gar Bächen.

200 Jahre nach Schuberts "Forelle" meldet die hiesige Aquakultur nun einen dicken Fang: Im vergangenen Jahr fischte die Branche gut 32 000 Tonnen Seegetier aus ihren künstlich angelegten Teichen und Becken. Das sind 20 Prozent mehr als im Vorjahr, meldet das Statistische Bundesamt am Donnerstag. Besonders viele Aquakulturen finden sich hierzulande in Bayern, wo vor allem Karpfen und Forellen ihre Runden drehen; gefolgt von Niedersachsen, wo vorwiegend Aale gezüchtet werden.

Am erfolgreichsten waren im vergangenen Jahr jedoch die elf Betriebe an der Nordsee, die in Küstennähe Muscheln züchten. 13 000 Tonnen gingen ihnen ins Netz, ein Plus von 65 Prozent. Allerdings schwanken Muschelerträge stets erheblich von Jahr zu Jahr.

Zwar sind künstlich angelegte Zuchtteiche schon seit dem Mittelalter bekannt. Dennoch wächst die Aquakultur-Branche weltweit rapide: im Schnitt um sechs Prozent pro Jahr, berichtet das Institut für Binnenfischerei. Mithin muss der gemeine Nicht-Angler im Supermarkt immer häufiger entscheiden, ob er nun einen wild gefangenen Fisch kauft, schlimmstenfalls aus überfischten Meeren, oder das Zuchtexemplar. Das ist eine schwierige Abwägung, sagt Susanne Sachs von der Verbraucherzentrale Hessen: "Der Verzehr von Fisch aus Aquakultur bedeutet nicht automatisch, dass wild lebende Fische geschützt werden."

Entscheidend ist etwa, welches Futter Zuchtfische fressen, ob sie Antibiotika schlucken, oder wie umweltfreundlich die Anlagen sind. Viele verschiedene Qualitätssiegel verwirren da eher, sagt Sachs, "da alle Label unterschiedliche Kriterien zugrunde legen." Am wenigsten falsch mache man wohl mit Fisch aus Bio-Aquakulturen; immerhin Mindeststandards erfüllten Produkte mit einem ASC-Siegel.

Auch im kleinteiligen deutschen Markt, wo man Süßwasserfisch zumeist vom Züchter selbst oder in dessen Ausflugslokal bezieht, sind die Standards unterschiedlich. Doch ist der Hunger auf Forelle ohnehin so groß geworden, dass nur noch jeder sechste Süßwasserfisch, der hierzulande auf den Teller kommt, auch aus heimischen Gewässern stammt. Beliebtestes Importprodukt ist übrigens: die Forelle.

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