Apple:Wer bekommt Apples 13 Milliarden?

A 3D printed Apple logo is seen in front of a displayed Irish flag in this illustration

Das Apple-Logo vor der irischen Flagge: 13 Milliarden Euro soll das Unternehmen wegen Steuerabsprachen zurückzahlen.

(Foto: REUTERS)

Bei der Debatte, ob neben Irland auch andere Staaten Steuer-Nachzahlungen von Apple erhalten könnten, macht sich unter den hoffnungsfrohen EU-Mitgliedern Ernüchterung breit. Auch Wolfgang Schäuble rechnet nicht mit einem plötzlichen Geldsegen.

Von Alexander Mühlauer, Bratislava

Die Hoffnungen waren groß, wahrscheinlich zu groß. Als die Europäische Kommission vor gut einer Woche erklärte, dass auch andere EU-Staaten Anspruch auf einen Teil der 13 Milliarden Euro haben könnten, die Apple wegen Steuerabsprachen mit Irland zurückzahlen soll, rieben sich so manche Finanzminister die Hände. Allen voran Spanien und Italien erhofften sich einen Beitrag, um ihre Haushaltslöcher zumindest ein wenig stopfen zu können.

Also warum nicht eine Nachzahlung von Apple verlangen, wie es die Kommission vorgeschlagen hatte? Warum nicht prüfen, ob man nicht auch einen Teil der Summe für sich beanspruchen könnte? Bei ihrem Treffen in Bratislava diskutierten die EU-Finanzminister nun über diese Fragen. Das Ergebnis der Debatte ist einigermaßen ernüchternd. Die Hoffnung mancher Staaten auf einen unverhofften Geldsegen hat sich wohl zerschlagen.

Erwartungen waren voreilig

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich jedenfalls skeptisch. "Natürlich" würden auch die zuständigen Finanzverwaltungen der deutschen Bundesländer prüfen, ob Ansprüche geltend machen könnten, sagte Schäuble. "Aber ich glaube, dass die Erwartungen, die da zum Teil geschürt werden, ein bisschen voreilig sind". Die Kommission habe seit ihrer Entscheidung nicht erklären können, was sie genau damit gemeint habe, sagte Schäuble.

Die Ankündigung der Kommission, dass auch andere EU-Länder von ihrer Entscheidung profitieren könnten, nannte er "mysteriös". Außerdem klagten Apple und Irland gegen die Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof. Der dortige Prozess werde "außergewöhnlich kompliziert sein und er wird auch dauern". Er würde deshalb nicht davon ausgehen, dass die 13 Milliarden Euro "auf dem Platz liegen und wir nur noch der Verteilung harren", sagte Schäuble. In seiner Heimat gebe es ein Sprichwort: "Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, ehe man ihn denn erlegt hat."

Ganz ähnlich sieht das Frankreichs Finanzminister Michel Sapin. Er erklärte, dass sein Land keine Versuche unternehmen würde, etwas von den 13 Milliarden zu bekommen. Die französische Steuerpolitik sei klar und die Unternehmen würden dort ihre Gewinne auch versteuern.

In Österreich wiederum will Finanzminister Hans Jörg Schelling den Fall Apple "intensiv prüfen"; allerdings sehe er nur eine "sehr geringe Chance", dass Österreich etwas abbekomme. Ganz andere Signale kommen aus Spanien: Finanzminister Luis de Guindos will eine genau Analyse anfertigen. In Bratislava gab er sich äußerst zuversichtlich.

Auch multinationale Unternehmen haben Steuerverantwortung

Der Fall Apple bringt nach den Enthüllungen um Lux-Leaks und den Panama Papers neuen Schwung in die Debatte, wie Europa mit den umstrittenen Steuerpraktiken multinationaler Konzerne umgehen soll. Es stellt sich vor allem eine Frage: Wie schafft man es, die global agierenden und wenig greifbaren Unternehmen der Digitalökonomie in die steuerliche Verantwortung zu nehmen?

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem forderte die Konzerne dazu auf, Steuervermeidungs-Strategien endlich aufzugeben: "Die Zeiten ändern sich, sie müssen ihre Steuern fair zahlen." Auch EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici brachte seine Forderung auf eine einfache Formel: Die Konzerne sollten dort ihre Steuern zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften.

Dijsselbloem verteidigte das Vorgehen der Brüsseler Behörde gegen Steuerabkommen zwischen multinationalen Konzernen und EU-Mitgliedsländern. Es sei richtig, zu untersuchen, ob es sich um illegale Staatshilfen handle. Zugleich hätten auch die Niederlande das Recht, vor Gericht zu ziehen und prüfen zu lassen, ob die EU-Kommission die Regeln korrekt angewendet habe, sagte der niederländische Finanzminister ist. Sein Land wurde von der Brüsseler Behörde aufgefordert, Geld von der Kaffeehauskette Starbucks einzutreiben.

Und auch in Luxemburg geht es um Steuerabsprachen, die aus Sicht der Kommission illegal sind. Der Finanzminister des Großherzogtums, Pierre Gramegna, erinnerte seine Kollegen daran, dass "Unternehmen Planungssicherheit brauchen". Dies müsse jedes Steuersystem berücksichtigen. Irlands Finanzminister Michael Noonan war es wichtig, daran zu erinnern, dass sich der von der Kommission untersuchte Fall auf ein Rechtssystem beziehe, das damals in Irland geherrscht habe. Die Steuerabsprachen mit Apple seien demnach legal gewesen.

Die EU-Kommission will sich davon nicht beirren lassen und ihren Kampf gegen Steuervermeidung weiter vorantreiben. Vor allem die Brüsseler Pläne für eine gerechtere Unternehmensbesteuerung stießen auf viel Zuspruch in Bratislava. Schäuble nannte einen Vorstoß der Kommission zur Harmonisierung der Besteuerungsbasis "sehr gut".

Die eigentliche Besteuerung ist in der Europäischen Union zwar Sache der Nationalstaaten. Die EU-Kommission kann aber indirekt Einfluss auf die Regeln nehmen, nach denen der zu besteuernde Unternehmensgewinn festgelegt wird. Eine gemeinsame Bemessungsgrundlage wird von Schäuble seit langem unterstützt. EU-Kommissar Moscovici kündigte außerdem eine Initiative an, um die organisierte Steuerhinterziehung bei der Mehrwertsteuer zu bekämpfen. Die EU-Kommission schätzt, dass den EU-Staaten allein im Jahr 2014 Mehrwertsteuereinnahmen von 160 Milliarden Euro entgangen sind. Und davon könnten sicher alle einen Teil zurückbekommen.

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