Apple:Gewinn verpflichtet

File photo of workers preparing for the opening of an Apple store in Hangzhou

Apple hat im vergangenen Quartal den höchsten Gewinn erzielt, den je ein Unternehmen in einem solchen Zeitraum gemacht hat.

(Foto: Chance Chan/Reuters)

US-Technologiekonzerne wie Apple haben die Welt neu vernetzt. Sie entwerfen nicht nur Technik, sondern die Zukunft. Aber aus dieser Rolle erwächst auch Verantwortung. Wo bleibt ihr Beitrag für die Gesellschaft?

Ein Kommentar von Varinia Bernau

Mehr als 18 Milliarden Dollar: So viel hat der Technologiekonzern Apple in nur drei Monaten mit dem Verkauf von iPhones, iPods, iPads samt Zubehör verdient. Das ist mehr, als dem deutschen Gesundheits- oder Bildungsministerium in einem ganzen Jahr zur Verfügung steht. Apple ist der Spitzenverdiener in einer hochverdienenden Branche: Google, Facebook oder Intel häufen Reichtümer an, die in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens gebraucht werden. Die Frage drängt sich auf: Müssten die Unternehmen der Gesellschaft, in der sie ihr Geld verdienen, nicht etwas zurückgeben?

Die Konzerne aus dem Silicon Valley sind so erfolgreich, weil sie mit ihren Angeboten einen Nerv treffen. Schicke Smartphones und leistungsstarke Computerchips, eine treffsichere Suchmaschine und unterhaltsame Plaudertreffs - mit all diesen Dingen prägen Apple, Google und Co. unsere Gesellschaft. Die Art und Weise, wie sich die Menschen mitteilen, austauschen, auf die Welt blicken - sie hat sich grundlegend geändert, weil amerikanische Technologiekonzerne die Welt neu vernetzt haben. Das macht den Alltag für viele bequemer. Sie macht ihn mancherorts auch besser: In abgelegenen Landstrichen und autoritären Staaten kommen Menschen über ihr Smartphone an Informationen, die ihnen zuvor nicht zugänglich waren.

Der Konzern fühlt sich nicht der Gesellschaft verpflichtet

Gern rühmen sich die Unternehmer aus der digitalen Wirtschaft dieser Verdienste. Wenn sie heute ein neues Produkt vorstellen, dann geben sie damit immer auch das Versprechen, die Welt etwas besser zu machen. Die klugen Köpfe aus dem Silicon Valley verstehen sich nicht mehr nur als Kaufleute, sie wollen die Gesellschaft gestalten. Sie entwerfen nicht nur Technik, sondern die Zukunft.

Aber aus dieser Rolle, die sie für sich in Anspruch nehmen, erwächst auch gesellschaftliche Verantwortung, eine Verantwortung auch gegenüber den Staaten, in denen sie ihr Geld verdienen - zumal ja auch das Internet, das die Konzerne für ihr Geschäft nutzen, keine Erfindung der Privatwirtschaft war. Nun ist es nicht so, dass sich die Technologiekonzerne dieser Verantwortung völlig verweigern würden. Apple versucht, die Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken zu verbessern; Google investiert in Solarparks; Intel setzt auf Rohstoffe aus dem Kongo, an denen keine Bürgerkriegspartei verdient.

Engagement aus strategischem Kalkül

Aber die Konzerne tun dies nicht, weil sie menschenwürdige Arbeit, die Schonung der Umwelt oder Frieden für einen Wert an sich erachten. Sie tun es, weil China ein wichtiger Absatzmarkt ist und sie somit dafür sorgen müssen, dass sich die Menschen dort all das glitzernde Technikspielzeug auch leisten können. Sie tun es, weil der Datenaustausch in einer vernetzten Welt viel Strom frisst. Und weil sie verlässliche Rohstoffquellen brauchen. Kurzum: Sie engagieren sich aus strategischem Kalkül, nicht aus einer moralischen und gesellschaftlichen Verantwortung heraus.

Deshalb ist es auch kein Zufall, dass ausgerechnet Apple (ein Unternehmen, das in einem Quartal so viel verdient hat wie kein anderes vor ihm) seine Gewinne so lange von einem Land in ein anderes schiebt, bis seine Steuerlast gen null tendiert. Dieser Konzern fühlt sich eben nicht der Gemeinschaft verpflichtet, sondern nur jenen, die ihm als treuer Kunde oder emsiger Arbeiter nützlich sind. Gewinnmaximierung geht über alles. Aber die Macht der Technologiekonzerne ist nicht grenzenlos - auch wenn man mitunter den Eindruck hat, als seien die Menschen süchtig nach dem nächsten Smartphone, als seien sie Gefangene in den goldenen Käfigen, die Apple, Google oder Facebook gebaut haben. Die Konzerne sind abhängig von ihrer Kundschaft, sie sind abhängig von der Macht der Verbraucher. Gerade in der schnellen Technologiebranche buhlen immer neue Anbieter um die Aufmerksamkeit der Kunden. Und diese greifen zum Bequemsten oder zum Billigsten. Überzieht es ein Konzern, wehren sich Verbraucher: mit Boykott.

Auch die Politik ist nicht machtlos. Die großen Technologiekonzerne machen ihre Geschäfte nicht im rechtsfreien Raum. Sie horten hemmungslos Daten, wenn und weil Aufsichtsbehörden ihnen keinen Einhalt gebieten. Sie optimieren ihre Bilanzen, wo es Steuerschlupflöcher möglichen machen. Deshalb ist es wichtig, dass die EU-Kommission nun ermittelt, ob Irland, eines der EU-Mitgliedsländer, Apple womöglich unfaire Steuervorteile gewährt hat. Und es ist ebenso wichtig, dass Europa sein Datenschutzrecht gründlich reformiert.

Es wäre naiv, darauf zu hoffen, dass die Unternehmen von sich aus jenen gesellschaftlichen Beitrag leisten, den ihre üppigen Gewinne eigentlich erfordern.

Man muss ihnen diesen Beitrag abverlangen.

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