Apple:Ein Pfand auf Elektrogeräte muss her

Recyclingbetrieb des "Weißen Raben" in Dornach, 2014

Kein anderes EU-Land produziert jährlich so viel Elektroschrott wie Deutschland.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Ohne Anreiz landen zu viele wertvolle Rohstoffe im Müll. Die Globalisierung hat uns bequem gemacht - und der Konsumrausch ignorant.

Kommentar von Catherine Hoffmann

Unschuldig weiß, so präsentieren sich die meisten Apple-Geräte, reinlich und schmuddelfrei. Der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino hat Weiß als Design-Farbe groß gemacht. Aus gutem Grund. Zusammen mit dem kühlen, klaren Design der Macs, iPads und iPhones steckt darin die Verheißung der Moderne. Der Traum von einer gerechteren Welt, in der Technik das Leben für viele Menschen besser macht. Das ist bis heute das Versprechen von Apple.

Die Verbraucher glauben gern daran. Sie geben sich der Illusion hin, dass die digitale Welt grün und clean ist. Dieses Image verdankt die IT-Industrie ihren cleveren Werbestrategien. Wenn wir Cloud hören, denken wir an etwas Wolkiges und Leichtes; die Bits und Bytes schweben unbekümmert durch eine immaterielle Datenwelt. Doch hinter all diesen federleichten Technologien steckt harte Materie. Keine E-Mail lässt sich versenden, kein Video auf dem Handy gucken, ohne dass mit ungeheurem Aufwand an Ressourcen Geräte gebaut und Serverfarmen betrieben werden. Apple steht da nur beispielhaft für die gesamte Branche.

Die Globalisierung macht es den Verbrauchern sehr leicht

Die dunkle Seite der digitalen Welt lässt sich zum Beispiel im Kongo besichtigen, wo unter unmenschlichen Bedingungen die kostbaren Erze für Handys und Computer geschürft werden. Hunderttausende Arbeiter, darunter Kinder, hämmern und meißeln in einer modrigen Unterwelt, wo sich die Augen vor Dunkelheit weiten und die Haut bald mit Staub bedeckt ist. Mit altertümlichen Werkzeugen fördern sie Coltan und andere Rohstoffe zutage, ohne die unser modernes Leben schwer vorstellbar wäre. Erze, die in Smartphones, Tablets oder Digitalkameras verarbeitet werden.

Ein schlechtes Gewissen regt sich deshalb bei den wenigsten Verbrauchern. Sollen sich die Kritiker und Moralprediger doch den Mund fusselig reden! Denn erstens: Was kann ein einzelner Konsument schon ausrichten? Wenig. Eben! Zweitens macht es die Globalisierung den Verbrauchern einfach, zu übersehen, wie schmutzig die weiße Digitalwelt ist. Viel zu lang sind die Wertschöpfungsketten, als dass sich noch überblicken ließe, welcher Baustein, welcher Rohstoff aus welchem Winkel der Erde stammt. Man sieht die Schmuddelecken nicht, jedenfalls nicht, wenn man den Apple-Store besucht, damit auf das iPhone 5 endlich das ersehnte iPhone 6 folgt. Ihre Vorgänger, Nummer 3 und 4, sind längst kaputt oder ausgemustert.

Es braucht ein Pfand auf Elektrogeräte

Der Elektroschrott wächst Jahr um Jahr. Deutschland produziert davon so viel wie kein anderes EU-Land. Im Durchschnitt, so hat es die Universität der Vereinten Nationen errechnet, werfen deutsche Verbraucher 21,6 Kilo Elektronik weg: alte Fernseher, ausgediente Handys, veraltete Computer und vieles mehr. Elektroschrott, tonnenweise. Würde man die darin verborgenen Schätze heben, wäre Deutschland ein rohstoffreiches Land. Es gäbe Silber, Gold, Platin, Kobalt und Gallium, wertvolle Metalle, Mineralien und seltene Erden in Hülle und Fülle - leider werden sie bislang nur selten als Rohstoffe angesehen, sondern als Abfall.

Nicht einmal die Hälfte des Elektromülls kommt auf den Wertstoffhof und wird recycelt. Der Rest verschwindet einfach im normalen Müll, in Schubladen, auf Hinterhöfen - oder auf afrikanischen Müllhalden, wo alte Gerätschaften unter übelsten Bedingungen ausgeweidet werden. Obwohl viele Bürger, wenn man den Umfragen glauben darf, die Idee der Nachhaltigkeit gut und richtig finden, ist der Umgang mit Ressourcen immer noch vom Wegwerfen geprägt.

Dagegen hilft auch das Elektroschrott-Gesetz von Umweltministerin Barbara Hendricks wenig. Es erlaubt den Deutschen, ihre alten Elektrogeräte nicht nur auf dem Recyclinghof abzuliefern, sondern auch bei Händlern wie Media-Markt oder Saturn. Allerdings nur, wenn die Ladenfläche der Filiale größer ist als 400 Quadratmeter - und das zu entsorgende Geräte kleiner als 25 Zentimeter. Das reicht nicht. Zumal noch nicht einmal gewiss ist, dass der gesammelte Schrott auch fachgerecht wiederverwertet wird.

Wirklich helfen würde ein Pfand auf Elektro- und Elektronikgeräte, das man beim Kauf bezahlt und erst zurückbekommt, wenn die ausgedienten Handys und Fernseher im Wertstoffhof abgeliefert werden. Wer dazu bislang zu bequem war, wird es sich hoffentlich anders überlegen. Zudem sollte der Staat das fachgerechte Recycling organisieren und die Hersteller an den Kosten beteiligen. Schließlich wird es höchste Zeit für einen Herkunftsnachweis für Rohstoffe, mehr noch: für eine Zertifizierung, die dafür sorgt, dass soziale und ökologische Mindeststandards eingehalten werden.

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