Appell an Tarifparteien:Schröder fordert rasche Einigung im Tarifstreit

Bundeskanzler Schröder hat die Tarifparteien der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie zu einer schnellen Einigung im Streit über die Einführung der 35-Stunden-Woche aufgerufen. Beide Seiten trügen eine Verantwortung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Osten Deutschlands.

IG-Metall-Sprecher Claus Eilrich erinnerte an das Angebot seine Gewerkschaft, den Streik zu Wochenbeginn nicht weiter auszuweiten, wenn die Arbeitgeber bis Mittwoch an den Verhandlungstisch zurückkehrten.

Zugleich stellte Eilrich fest, dass die Positionen beider Seiten nicht so weit auseinander lägen. Allerdings habe es bis zum späten Sonntagnachmittag kein Signal aus dem Arbeitgeberlager gegeben, die Tarifgespräche wieder aufzunehmen.

Auch der Sprecher der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie (VSME), Frank Möhrer, bekräftigte die Bereitschaft seines Verbandes, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, allerdings nicht angesichts eines von der Gewerkschaft gesetzten Ultimatums und auch nicht unter Vorbedingungen. So sei die Festlegung eines Datums für den Beginn der Arbeitszeitverkürzung, wie die Gewerkschaft dies wolle, für die Arbeitgeber unannehmbar, sagte Möhrer.

Unterdessen verschärfte sich in Politik und Wirtschaft die Kritik an der IG Metall. Schröder sagte am Rande des EU-Gipfels im griechischen Porto Karras, die ökonomische Entwicklung "könnte Schaden nehmen", wenn der Streik fortgesetzt werde.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement äußerte die Befürchtung, dass die Einführung der 35-Stunden-Woche Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern kosten könnte. Im Falle einer Arbeitszeitverkürzung verliere Ostdeutschland einen "wichtigen Standortvorteil", sagte er in N-TV.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die 35-Stunden-Woche wirke für die Betriebe wie eine Tariferhöhung. "Wenn die IG Metall jetzt die Löhne anhebt, werden weitere Milliarden, die als Investitionen gedacht waren, als Konsumausgaben verfrühstückt", wird er zitiert. Die Einführung der 35-Stunden-Woche könne verheerende Folgen haben: "Für die Unternehmen entfällt jeglicher Grund, in Ostdeutschland künftig zu investieren."

10.000 BMW-Beschäftigte in Kurzarbeit

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesverbandes der Industrie, Michael Rogowski. Der Berliner Zeitung zufolge sagte er, eine weitere Arbeitszeitverkürzung könnten die Firmen nicht mehr verkraften. "Ich kann die IG Metall nur warnen, den entscheidenden Wettbewerbsvorteil Ostdeutschlands aufs Spiel zu setzen."

Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) warf der Gewerkschaft in der Welt "Realitätsverweigerung" vor. "Die längere Arbeitszeit ist ein Standortvorteil, der uns bei vielen Investitionsentscheidungen zu Gute gekommen ist und den wir noch eine Zeit lang brauchen", wird er zitiert.

Als Folge des Streiks im Osten müssen vom Montag an mehr als 10.000 BMW-Beschäftigte eine längere Zwangspause als geplant einlegen. Weil der Ausstand beim Zulieferer ZF Getriebe in Brandenburg bis zum 28. Juni verlängert worden sei, dauere auch der ursprünglich nur auf drei Tage befristete Produktionsstopp länger, sagte eine BMW-Sprecherin in München.

(sueddeutsche.de/AP)

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