Anleihenkäufe der EZB:Ganz schön deutsch

Die Politik präsentiert sich in der Euro-Krise so ratlos wie nie zuvor. Alle Hoffnungen ruhen deshalb mittlerweile auf der Europäischen Zentralbank. Doch EZB-Chef Draghi hat deutlich gemacht, dass die Notenbank die Krise nicht lösen wird. Plötzlich schimmert bei der EZB wieder die Deutsche Bundesbank durch.

Vielleicht hätte man nur genauer hinhören müssen, als EZB-Chef Mario Draghi in der vergangenen Woche Überraschendes verkündete. Haften blieb jedenfalls bei den Meisten: Die Europäische Zentralbank wird den Euro um jeden Preis retten. Es war der Satz, auf den so viele seit Monaten gewartet hatten. Die Märkte feierten, als sei nun der Knoten geplatzt. Endlich, so schien es, habe die EZB begriffen, dass die Krise nach amerikanischem Muster gelöst werden müsse.

Die US-Notenbank Fed bekämpft Krisen mit dem einfachsten aller Mittel: Es wird so viel Geld gedruckt, bis nichts mehr wehtut. Therapie ist nicht klirrender Chirurgenstahl, sondern die Schmerztablette. Wobei die Notenbank die Rolle des Schmerztherapeuten übernimmt. Nach den Äußerungen von Drahgi war der Glaube an Heilung groß. Die EZB könnte, so die Hoffnung, im großen Stil die Anleihen klammer Staaten kaufen und sie so vor dem finanziellen Untergang bewahren.

Dummerweise hatte der EZB-Chef aber seinen Satz anders formuliert als er bei vielen angekommen war. Genau sagte er: "Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir - es wird ausreichen".

Der kleine Einschub "im Rahmen ihres Mandats" trägt genau das in sich, was die amerikanische von der europäischen Geldpolitik unterscheidet. Denn während das Mandat der amerikanischen Notenbank die Verantwortung für die Konjunktur einschließt, hat die europäische Notenbank nur eine Aufgabe: die Stabilität des Geldes zu sichern. Das ist das Erbe der Bundesbank, das die Angst der Deutschen vor dem Kollaps des Geldsystems in sich trägt und an das Bundesbank-Chef Jens Weidmann nun laufend erinnert.

Draghi zwingt Spanien unter den Rettungsschirm

Was hatten eigentlich alle erwartet? Dass Draghi sich vor die Journalisten stellen würde und erklärt: "Alles ist gut"? Dass er, ähnlich, wie einst sein Vorgänger Jean-Claude Trichet sagen würde, dass die EZB aktuell schon am Markt tätig sei, und ja, gerade jetzt, in diesem Moment Europa schon gerettet sei?

Das tat er nicht: Stattdessen offenbarte die EZB eine Strategie, die geradezu deutsch wirkte: abwartend, vorsichtig, bedingungslastig.

Abwartend, weil die EZB noch keine konkreten Pläne für den Kauf von Anleihen präsentierte. Diese sollen erst in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden.

Vorsichtig, weil Draghi auch den Forderungen nach einer Banklizenz für den Rettungsfonds zunächst eine Absage erteilte. Wenn allerdings die Politik den Fonds entsprechend ausstatten würde, könne er womöglich eine Banklizenz erhalten - und die EZB ihn als Partner akzeptieren.

Bedingungslastig, weil anders als in früheren Fällen die EZB nur Anleihen eines Staates kaufen wolle, der bereits entweder den EFSF- oder ESM-Rettungsschirm in Anspruch genommen und dessen Auflagen akzeptiert habe.

Im 23-köpfigen EZB-Rat ist die Entscheidung zu den neuerlichen Anleihenkäufen den Worten Draghis zufolge einstimmig erfolgt. Allerdings hat sich Weidmann, der die Käufe von Staatsanleihen durch die EZB wie schon sein Vorgänger Axel Weber vehement ablehnt, wohl der Stimme enthalten.

Niemand führe den Kampf so erbittert wie Weidmann, schreibt das Handelsblatt unter Berufung auf Notenbankkreise. Weidmann ziehe sich "auf juristische Positionen zurück und verweigere ein pragmatisches Krisenmanagement, heiße es in der EZB.

Wirklich? Das neue Programm scheint nun geradezu seine Handschrift zu tragen: Draghi hat den Ball zur Rettung des Euro wieder an die Politik zurückgespielt. Und sie reagiert auch bereits: Spanien schließt ein neues Gesuch um EU-Hilfen nicht mehr grundsätzlich aus. Bislang wollte Spanien den Gang unter den Rettungsschirm unbedingt vermeiden, hat aber bereits Hilfen für seine Banken beantragt

Die EZB hat also deutlich gemacht, dass sie mit ihrem Geld zwar Schmerzen lindern, aber zur Heilung nichts beitragen kann. Auch wenn Weidmann die Anleihenkäufe ablehnt - derzeit gibt sich die EZB fast wie die Bundesbank.

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