Angestrebter Vergleich:Deal zwischen Deutscher Bank und Kirch-Erben

Prozess gegen Breuer

Rolf Breuer, ehemaliger Chef der Deutschen Bank, musste in den vergangenen Jahren mehrmals bei Gericht erscheinen.

(Foto: dpa)

Die Deutsche Bank steht kurz vor einem Vergleich mit den Kirch-Erben - der Deal wird das Geldhaus wohl mehr als 800 Millionen Euro kosten. Für Breuer, ehemaliger Chef des Geldhauses, eine unglückliche Wendung.

Von Klaus Ott, München, und Andrea Rexer, Frankfurt

An diesem Donnerstag hätten sich beim Oberlandesgericht (OLG) München die beiden Gegner wieder gegenüber gesessen: Links die Advokaten der Erben und Gläubiger des 2011 verstorbenen Medienmagnaten Leo Kirch, die Schadenersatz in Milliardenhöhe fordern - und rechts, vom Richtertisch aus gesehen, die Anwälte der Deutschen Bank. Doch der Termin fällt aus.

Denn das Geldinstitut will nach zwölf Jahren Streit einlenken - und den Erben des Film- und Fernsehunternehmers über 800 Millionen Euro zahlen. Das ist weniger, als die Kirch-Erben verlangt haben - aber immerhin so viel, dass es die Bank schmerzt und deren Widersacher freut. Zuzüglich der Zinsen könnten am Ende sogar bis zu 900 Millionen Euro fließen, aber vermutlich weniger als eine Milliarde Euro. Sollte die Deutsche Bank aus optischen Gründen auf einem Betrag unterhalb der Milliardengrenze beharren, dann werde es die Familie Kirch daran nicht scheitern lassen, sagt ein Insider. Im Laufe des Mittwochs wollte der Aufsichtsrat der Bank den Vergleich endgültig abnicken.

Mit dem Deal zwischen Kirch und der Deutschen Bank würde ein zäher Streit enden, der die Richter, Staatsanwälte und Verteidiger der Bank seit 2002 beschäftigt hat. Damals hatte der seinerzeitige Bankchef Rolf Breuer in einem Interview mit dem Fernsehnachrichtendienst Bloomberg Kirchs Kreditwürdigkeit angezweifelt hatte. Zuvor hatten, wie im Zuge des Streits bekannt wurde, Breuer und einflussreiche Medienmanager bei einem Abendessen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder über eine mögliche Aufteilung des Kirch-Konzerns beraten. Intern hatten Investmentbanker der Deutschen Banken dazu unterschiedliche Varianten durchgespielt. Die Bank war ein wichtiger Kreditgeber von Kirch.

Für Breuer nimmt der Prozess damit eine unglückliche Wendung: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung plant die Bank, ihn finanziell in die Haftung zu nehmen. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft ihn aller Voraussicht nach wegen versuchten Prozessbetrugs anklagen will. Viele Dokumente belasten ihn schwer. Er und andere Spitzenmanager der Deutschen Bank sollen ihre Aussagen im Zuge des Kirch-Verfahrens nach Ansicht der Staatsanwaltschaft abgestimmt haben, um so eine Schadenersatz-Zahlung an Kirch zuverhindern. Die Münchner Staatsanwälte ermitteln deswegen auch gegen Breuers Nachfolger Josef Ackermann, zwei weitere Ex-Manager und den heutigen Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen.

Für Fitschen dagegen könnte sich der Vergleich positiv auswirken. Er könnte dadurch eine mögliche Anklage wegen versuchten Prozessbetrugs doch noch vermeiden. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte ihn ihm Januar zweimal vernommen. Die ermittelnde Oberstaatsanwältin Christiane Serini soll ihn davor gewarnt haben, weiter an der alten Version festzuhalten, wonach die Deutsche Bank keinerlei Pläne zur Aufteilung von Kirch hatte, und diese Sichtweise beim Bundesgerichtshof (BGH) sogar noch zu bekräftigen. Dies könne als fortgesetzter versuchter Prozessbetrug auch beim Bundesgerichtshof betrachtet werden. Mit Hilfe des Bundesgerichtshof wollte die Deutsche Bank ein Urteil des Oberlandesgerichts München kippen, wonach das Geldhaus grundsätzlich zu Schadensersatz an Kirchs Erben und Gläubigern verpflichtet sei.

Nach Fitschens Vernehmung in München deutete sich an: Lenkt die Deutsche Bank nicht ein, könnte das dem amtierenden Co-Chef der Bank eine Anklage ersparen. Bei Fitschen komme es, signalisierte die Ermittlungsbehörde, auch auf dessen jetziges Verhalten an - und nicht nur auf sein Verhalten in der Vergangenheit.

Einer der beiden heutigen Vorstandschefs auf der Anklagebank - diese Vorstellung erhöhte offenbar bei der Bank die Bereitschaft zum Vergleich. Denn Aufsichtsratschef Paul Achleitner will, dass die Bank zur Ruhe kommt, und deshalb Streitfälle wie den Kirch-Prozess schnell vom Tisch haben, damit sich das Institut endlich wieder voll auf seine Geschäfte konzentrieren kann. Juristische Probleme hat man in den Zwillingstürmen in der Frankfurter Konzernzentrale ja genug - so etwa die Manipulationen beim Libor und die mutmaßliche Manipulationen beim Devisenhandel oder die Verwicklung in kriminelle Umsatzsteuer-Karusselle beim An- und Verkauf von Verschmutzungsrechten.

Im Fall Kirch sieht nun alles danach aus, dass Achleitner das Thema tatsächlich so rasch ausräumen kann, wie er es sich vorgenommen hat. Kirchs Familie und ihre Anwälte halten sich öffentlich zurück, was als sicheres Zeichen dafür gilt, dass sie den Vergleichsvorschlag der Deutschen Bank sehr ernst nehmen und nichts zerreden wollen. Kein öffentliches Triumphgeheul, auf keinen Fall etwas gefährden, lautet jetzt offenbar die Devise.

Annäherungsversuche zwischen den Streitparteien gab es schon früher. So im Februar 2012, als sich der damalige Vorstandschef Ackermann mit Kirchs Witwe Ruth getroffenen und einen Betrag von 812 Millionen Euro vereinbart hatte, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Gremien der Bank. Damals lagen drei Rechtsgutachten auf dem Tisch, von denen zwei vom Vergleich abrieten. Grund: Die Beweislage sei so unklar, dass Aktionäre gegen den Vergleich klagen könnten. Das Risiko wollten die Gremien nicht eingehen und kippten den Vergleich, woraufhin Ruth Kirch recht erbost war über Ackermann. Nun dient die damals ausgehandelte Summe plus Zins als Basis für den neuen Vergleich.

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