Analyse der Finanzkontrolleure:Griechenland braucht wohl mehr Geld

Gerade erst hat der Bundestag beschlossen, dass Griechenland 130 Milliarden Euro bekommen soll - schon wird deutlich: Auch diese Summe reicht kaum. Die Finanzkontrolleure der Troika sehen offenbar weiteren Finanzbedarf von 50 Milliarden Euro. Doch auf Drängen der deutschen Regierung soll dieser Satz aus dem Troika-Bericht gestrichen worden sein.

Kann Griechenland mit dem jüngst beschlossenen Hilfspaket über die Runden kommen? Viele Ökonomen sagen: Die bewilligten 130 Milliarden Euro reichen nicht. Aber auch die internationalen Finanzkontrolleure halten nach Spiegel-Informationen ein drittes Milliarden-Rettungspaket für Griechenland für erforderlich.

Wie das Nachrichtenmagazin schreibt, ist aus Sicht der Troika von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht garantiert, dass sich das von der Staatspleite bedrohte Euro-Land wie geplant schon 2015 wieder selbstständig Kredite besorgen kann.

Deshalb habe Griechenland von 2015 bis 2020 möglicherweise einen "externen Finanzbedarf von bis zu 50 Milliarden Euro", zitiert der Spiegel aus einem Entwurf des jüngsten Troika-Berichts zur Lage in Griechenland. Die Passage sei aber auf Druck auch der deutschen Regierung gestrichen worden. Das Finanzministerium will davon aber nichts wissen. "Wir haben keinen Druck ausgeübt", sagte eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Sonntag der Süddeutschen Zeitung.

EZB ist skeptisch

Erst am Montag hatte der Deutsche Bundestag dem 130 Milliarden Euro schweren zweiten Hilfspaket für Griechenland zugestimmt. Auf Geheiß der Euro-Finanzminister ist das Hilfsprogramm inzwischen angelaufen - wenn auch unter zwei "notwendigen Bedingungen" für die Auszahlung.

Dazu zählt laut Mitteilung ein erfolgreicher Schuldenschnitt mit hoher Beteiligung privater Gläubiger und eine positive Bewertung des Athener Sparkurses. Wie der Spiegel weiter schreibt, fürchtet die EZB jedoch eine zu geringe Beteiligung an der Umschuldung. Um den Schuldenberg Athens zu verringern, sollen Banken, Versicherungen und Fonds auf Forderungen an Athen in Höhe von 107 Milliarden Euro freiwillig verzichten.

Das entspräche einem Schuldenschnitt von 53,5 Prozent. Griechenland will Anleger notfalls per Gesetz zwingen, bei dem Forderungsverzicht mitzumachen. Das funktioniert über nachträglich eingefügte Umschuldungsklauseln, sogenannte Collective Action Clauses (CAC). "Wahrscheinlich müssen die rückwirkenden Umschuldungsklauseln aktiviert werden", verlautete dem Spiegel-Bericht zufolge aus dem Umfeld der EZB.

CSU-Chef Horst Seehofer warnt unterdessen vor Hektik in der Debatte über die Euro-Schuldenkrise und weitere Griechenland-Hilfen. Seehofer sagte auf einem kleinen CSU-Parteitag in Nürnberg, er werde bei dem Berliner Koalitionsgipfel für "Disziplin" werben. Für die CSU gebe es klare "rote Linien". "Wir dürfen keine Politik unterstützen, mit der wir Gefahr laufen, dass der Rettungssanitäter selbst im Krankenhaus landet." Deshalb dürfe das Haftungsvolumen Deutschlands nicht erhöht werden.

Der CSU-Chef fügte hinzu, eine Ausweitung des permanenten Rettungsschirms ESM halte er "im Moment nicht für erforderlich".

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