Amazon gegen den Einzelhandel:Godzillas goldene Weihnachten

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Im Amazon-Logistikzentrum in Graben bei Augsburg (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Wandel beim Handel: Baumärkte, Kaufhäuser und Elektrogeschäfte büßen sogar im Weihnachtsgeschäft massiv Umsätze ein. Der Online-Händler Amazon feiert zugleich "das beste Schlussquartal aller Zeiten". Trotzdem sind die Investoren nicht zufrieden.

Von Jannis Brühl und Matthias Huber

Das Weihnachtsgeschäft ist die Erntezeit für Einzelhändler. Lange arbeiten Verkäufer und Werber darauf hin, es ist die wichtigste Saison des Jahres. In den beiden letzten Monaten macht der Einzelhandel in der Regel ein Fünftel seines Jahresumsatzes. Doch Ende 2013 herrschte Dürre, zumindest für traditionelle Läden. Neue Zahlen aus Deutschland und Amerika zeigen, wie der traditionelle Einzelhandel einbricht - und wie ein Konzern davon profitiert.

2,4 Prozent Umsatz büßten die deutschen Geschäfte dem Statistischen Bundesamt zufolge im letzten Quartal 2013 ein. Vor allem in Haushaltsgeschäften und Kaufhäusern ließen die Kunden deutlich weniger Geld. Die Pleite von Praktiker und Max Bahr drückte die gesamten Umsätze der Baumärkte. Dabei hatte alles für bessere Geschäfte im Handel gesprochen: ein starker Arbeitsmarkt, Hoffnung auf steigende Einkommen, und Mini-Zinsen, die Konsumieren sinnvoller als Sparen erscheinen lassen. Einzige Ausnahme im stationären Handel: Apotheken nahmen 4,7 Prozent mehr ein als im Vorjahr. Der Internet- und Versandhandel wuchs über alle Sparten um 0,5 Prozent.

Ein halbes Prozent Wachstum - mit so einer Quote würde Amazon-Chef Jeff Bezos einen Krieg mit seinen Aktionären riskieren. Den Online-Händler halten viele Einzelhändler für ihren Totengräber, weil er Waren aus immer mehr Segmenten schnell an die Haustür liefert. Er erlebte 2013 goldene Weihnachten, nennt die Zeit das "beste Schlussquartal aller Zeiten". Für das Wirtschaftsblog Quartz ist der Konzern der "Godzilla des Einzelhandels".

Außerhalb der USA verdoppelte der Konzern aus Seattle seinen Gewinn vor Steuern sogar. Dieser war Ende 2012 noch um 61 Prozent eingebrochen, weil Amazon lange vor allem auf massive Investitionen setzte, um die Umsätze zu treiben.

Dennoch hat Amazon ein Problem. Denn wenn es um Tech-Konzerne geht, halten es Börseninvestoren mit Mick Jagger: I can't get no satisfaction. Sie hatten noch höhere Umsätze außerhalb der USA erwartet. Obwohl Amazon diese um 13 Prozent steigerte, ließ ein Ausverkauf der Aktie den Kurs absacken. Das hat sich Bezos selbst eingebrockt: Weil sie von ihm gigantische Umsatzsteigerungen gewöhnt sind, pfeifen seine Investoren erst einmal auf Profite.

Bezos' Strategie: Kurzfristig Märkte erobern und erst langfristig kassieren. Deshalb verschickt er nicht mehr nur Bücher, sondern auch Smartphones und Solaranlagen, deshalb baut er Amazon Web Services aus, die Kunden Cloud-Speicherplatz und Rechenleistung verkaufen.

Amazon scheinen auch die Logistik-Kosten zu schaffen zu machen, die mit der Eroberung der Welt einhergehen. Die Zahl der Voll- und Teilzeitmitarbeiter (ohne Zeitarbeiter) stieg um ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Zugleich gab das Unternehmen ein Viertel mehr für den Versand aus. Der Paketdienst UPS hatte bereits Probleme mit der Flut der Lieferungen, von denen viele von Amazon kommen.

Man denke darüber nach, den Preis für die Teilnahme am "Prime"-Service in den USA um bis zu 40 Dollar hinaufzusetzen, hieß es während der Verkündung der Quartalszahlen. "Prime"-Mitglieder in den USA zahlen derzeit jährlich 79 Dollar. Dafür erhalten sie ohne weitere Kosten Zugriff auf das Video-Streaming-Angebot von Amazon, die Kindle-Leihbücherei und eine Versandkosten-Flatrate für US-weite Zustellung innerhalb von zwei Tagen. In Deutschland kostet Prime 29 Euro pro Jahr - allerdings ohne vergleichbares Video-Streaming-Paket. Hierzulande ist von einer Preiserhöhung bisher noch nicht die Rede.

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