Amazon-Chef:Hilferuf von Jeff Bezos

Jeff Bezos

Jeff Bezos fragt, wie er Gutes tun könne. Und auch, ob es sinnvoll sei, eine solche Frage über Twitter zu stellen.

(Foto: Bloomberg)

Der Amazon-Chef will mit seinem Geld anderen Gutes tun. Jetzt hat er auf Twitter um Rat gebeten. Warum macht er das?

Von Hans von der Hagen

Für Jeff Bezos lief es im vergangenen Jahr so richtig gut. Finanziell betrachtet sogar besser als für jeden anderen auf diesem Erdball. Weil das Vermögen des Amazon-Chefs binnen eines Jahres gleich um mehr als 17 Milliarden Dollar zulegte, liegt er in der Liste der Superreichen mit einem Gesamtvermögen von rund 83 Milliarden Dollar derzeit auf Platz zwei - vor ihm nur noch Bill Gates mit 89 Milliarden Dollar. Aber was heißt das schon? "Das Abgeschmackteste am Kapitalismus ist, dass alle nur noch Liebe wollen, und keiner will mehr Geld", hatte der Autor Dietmar Dath einmal formuliert.

"Enormer Hebel"

Ob die Spitze des Geldadels wirklich kein Geld mehr will, sei dahin gestellt. Aber dass der Wunsch nach einer Art Liebe da ist, legt jetzt eine Aktion von Bezos nahe: Er setzte eine Twitter-Nachricht ab, in der er seine Gefolgschaft um Ideen bittet. Er denke darüber nach, wie er Menschen helfen könne - ja: über eine Philanthropie-Strategie. Er habe schon Einiges am Laufen, was "auf eigene Art" zur "Gesellschaft und Zivilisation" beitrage. Und zwar mit "einem enormen Hebel", weil alles so langfristig angelegt sei: sein Raumfahrtunternehmen Blue Origin, Amazon und die Zeitung Washington Post.

Aber "im Hier und Jetzt" - da fehlt halt noch was. Bezos will dort helfen, wo es gleichzeitig "dringend nötig" sei und "anhaltend wirkt". So wie er bereits Mary's Place unterstützt - eine Einrichtung für obdachlose Familien in Seattle, wo Amazon seinen Hauptsitz hat.

Das mit der Liebe hatten seine Kollegen in der Reichenliste schon früher begriffen. Beispiel Gates: Jahrzehnte lang von der Menschheit nur mit bewegungsunfähigen Mauszeigern assoziiert, sehen viele in ihm mittlerweile einen Menschenfreund, der mit der Bill & Melinda Gates Stiftung mutmaßlich viel Gutes bewirkt. Oder Warren Buffett, der in der Liste auf Platz vier zurückgefallen ist. Er gilt als der freundliche Kapitalist. Nicht nur, weil er mit seiner Berkshire-Hathaway-Aktie viele Amerikaner reich gemacht hat, sondern 2006 auch zehn Millionen Aktien der Gates-Stiftung vermachte, die seither in Raten ausbezahlt werden.

Wert damals: 31 Milliarden Dollar. 2010 starteten beide zudem die Aktion "The Giving Pledge", bei der Reiche sich verpflichten, mit einem größeren Teil ihres Vermögens Gutes zu tun. Bezos unterschrieb nicht. Sein Name, der in der Reichenliste schon bald auf Platz eins stehen könnte, tauchte auch in der Liste der "Philanthropy 50" noch nie auf. Wofür steht Bezos dann? Sein Unternehmen Amazon verbinden viele mit schlechten Arbeitsbedingungen.

Und dass die eine Milliarde Dollar, die Bezos neuerdings jährlich in Blue Origin buttern will, die Menschheit mit großem Hebel voranbringt, ist bislang nicht erkennbar. Womöglich ist selbst der Tweet nur Folge einer Anfrage der New York Times. Die Zeitung schreibt, dass sie sich zuvor bei Bezos erkundigt hatte, wie viel er denn spenden würde. Geantwortet habe er darauf nicht. Höflich weist das Blatt darauf hin, dass es natürlich unklar sei, ob wirklich die mehrfach gestellte Anfrage Grund des Tweets gewesen sei.

"Zahl doch Steuern"

Knapp 237 000 Personen folgen Bezos auf Twitter. Viele haben da jetzt ein paar Vorschläge - ganz so, als hätte Bundestrainer Joachim Löw die Deutschen gebeten, ihm Vorschläge für eine bessere Fußballstrategie zu senden. Tausende Reaktionen hat der Amazon-Chef auf Twitter bereits erhalten.

Einer schreibt, dass 70 Prozent der US-Bürger sich keinen Zahnarzt leisten könnten - und es darum wichtig sei, mit einfachen Methoden Karies einzudämmen. Der nächste bittet zunächst um Geld für sich selbst, schlägt dann ein Experiment zum Grundeinkommen vor - 1000 Leute sollen monatlich 1000 Dollar bekommen und rät abschließend: "Zahl' doch Steuern".

Ob das Bezos weiterhilft? Vielleicht ist es ja auch gar nicht so kompliziert. In dem Film "The Wolf of Wall Street" heißt es: "Mit Geld hast du nicht nur ein besseres Leben, (. . .) es macht dich zu einem besseren Menschen." Wozu da noch spenden?

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