Altersvorsorge:Die versteckten Hinweise im Brief der Rentenversicherung

Hinzuverdienen im Alter: Was steuerlich zu beachten ist

Kann man im Alter auch mal das Haus renovieren? Oder muss man mit wenig Geld auskommen? Derzeit steigen die Renten, die Bundesregierung rechnet bis 2029 mit Steigerungen von jährlich zwei Prozent.

(Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Die jährliche Renteninformation liefert erste Hinweise darüber, was für Renten die Bezieher im Alter erwarten können.
  • Wie viel die Bezüge wert sind, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab, beispielsweise von der Inflation.

Von Thomas Öchsner

Wenn es um ihre Rente geht, sind viele Bundesbürger große Skeptiker. Die große Mehrheit befürchtet, dass das gesetzliche Altersgeld nicht ausreichen wird. Umfragen zeigen das seit Jahren. Aber was ist von der Rentenversicherung wirklich zu erwarten?

Die 31 Millionen Versicherten, die mindestens 27 Jahre alt sind und fünf Jahre Beitragszeiten erworben haben, erhalten jedes Jahr einen Brief von der gesetzlichen Rentenversicherung. "Ihre Renteninformation" steht ganz sachlich auf dem Schreiben. Aber nicht wenige sind wahrscheinlich entsetzt, wenn sie schwarz auf weiß sehen, wie wenig sie einmal erwarten können. Trotzdem sollte man die amtliche Renteninfo nicht gleich zum Altpapier stecken. Wer genauer hinschaut, erfährt eine Menge über seine mögliche Zukunft.

Die gesetzliche Rentenversicherung zeigt die bittere Wahrheit auf

Es mag den einen oder die andere überraschen, aber die Rentenversicherung geht in ihren Schreiben ganz offen mit der für manche Beitragszahler vielleicht bitteren Wahrheit um. Darin heißt es nicht nur: "Da die Renten im Vergleich zu den Löhnen künftig geringer steigen werden und sich somit die spätere Lücke zwischen Rente und Erwerbseinkommen vergrößert, wird eine zusätzliche Absicherung für das Alter wichtiger (Versorgungslücke)." Gleich am Anfang steht auch, dass es sich bei den ausgezahlten Renten um Bruttobeträge handelt. Davon gehen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab sowie gegebenenfalls Steuern.

Die Rentenversicherung zahlt dabei Pflichtversicherten, also jenen, die in ihrem Berufsleben kontinuierlich Mitglied einer Krankenkasse waren, die Hälfte des Beitrags für die gesetzliche Krankenversicherung. Die andere Hälfte plus den kassenabhängigen Zusatzbeitrag muss der Rentner stemmen. Beispiel: Von 2000 Euro Altersgeld brutto gehen somit derzeit 7,3 Prozent (die Hälfte von 14,6 Prozent) plus der jeweilige Zusatzbeitrag von bis zu 1,9 Prozent ab. Abgezogen wird auch der volle Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 2,35 Prozent (mit Kindern). Das sind 193 Euro plus ein paar Euro für den jeweiligen Zusatzbeitrag.

Wer die Renteninformation weiter liest, findet einen weiteren wichtigen Hinweis: "Bei der ergänzenden Altersvorsorge sollten Sie - wie bei Ihrer zu erwartenden Rente - den Kaufkraftverlust beachten." Genau das dürfte vielen Bürgern nicht wirklich bewusst sein: Der Anstieg der Lebenshaltungskosten kann die Kaufkraft ihrer Altersvorsorge verringern.

Altersvorsorge: SZ-Grafik; Quelle: Eigene Berechnung

SZ-Grafik; Quelle: Eigene Berechnung

Im vergangenen Jahrzehnt war dies recht häufig der Fall: Von 2001 bis 2010 stiegen nach Angaben der Bundesregierung die Preise um durchschnittlich 1,36 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden die gesetzlichen Altersbezüge um 0,82 Prozent pro Jahr erhöht. Werden die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt, die die Rentner zu zahlen haben, betrug das Plus lediglich 0,56 Prozent jährlich. Nach Berechnungen der Linken ist der reale Wert der Renten damit in diesen zehn Jahren um insgesamt sieben Prozent zurückgegangen. Jetzt hat sich das Bild umgekehrt: Die Inflation ist extrem gering, im Juli lag die jährliche Teuerung bei 0,4 Prozent. Die Renten stiegen zuletzt deutlicher, 2016 sogar um 4,25 Prozent im Westen und 5,95 Prozent im Osten. Real, also nach Abzug der Teuerungsrate, ist das Altersgeld so stark gestiegen, wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr.

Verbraucherzentralen warnen vor Milchmädchenrechnungen

Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sagt: "Leider weiß man nicht, was man sich in Zukunft für seine Rente kaufen kann." Es hänge eben davon ab, wie sich Inflation und Renten entwickelten. Er warnt aber vor Milchmädchenrechnungen, die nur Panik auslösen sollen. "Es ist nicht seriös, wenn Finanzberater unter Annahme von bestimmten Inflationsraten ihren Kunden vorrechnen, welche riesigen Versorgungslücken sie haben, ohne zu berücksichtigen, dass die Renten ja auch steigen." Tatsächlich würden bei einer zunehmenden Inflation normalerweise die Löhne und damit auch die Renten steigen, sagt Nauhauser.

So sieht es auch die Bundesregierung. Sie rechnet bis 2029 mit Rentensteigerungen von jährlich zwei Prozent. Das ergibt ein Plus von immerhin 41 Prozent. Derzeit kommt ein Standardrentner, der 45 Jahre stets zum jeweiligen Durchschnittslohn gearbeitet hat, auf ein Altersgeld von 1314 Euro. Würde der Musterrentner nach ebenso vielen Arbeitsjahren 2029 in Rente gehen, käme dieser auf 1788 Euro. Das Altersgeld erhöht sich also, obwohl das Rentenniveau, das das Verhältnis zum Durchschnittslohn angibt, sinkt. Was die 1788 Euro für den Musterrentner wirklich wert sind, hängt aber davon ab, wie bis dahin die Lebenshaltungskosten verglichen mit den Renten gestiegen sind.

Die Rentenversicherung rechnet in ihrer Infopost mit zwei Varianten: mit jährlichen Rentenerhöhungen von ein und zwei Prozent. Gemessen an den jüngsten Aufschlägen ist das durchaus realistisch. Allerdings werden dabei zwei Bedingungen unterstellt: Die Leistungen werden nur erreicht, wenn der Versicherte wirklich bis zu seiner Regelaltersgrenze, also maximal bis zur Rente mit 67 arbeitet. Viele schaffen das nicht, sie müssen daher Abschläge von ihrem Altersgeld in Kauf nehmen. Außerdem wird angenommen, dass der Versicherte "Beiträge wie im Durchschnitt der letzten fünf Kalenderjahre" weiter zahlt. Das kann zutreffen, es kann schlimmstenfalls aber auch anders kommen: Wer über Jahre hinweg arbeitslos wird oder plötzlich weniger verdient, wird in seiner Renteninfo sehr schnell merken, dass die voraussichtlichen Altersbezüge viel niedriger als zunächst errechnet ausfallen.

Die gesetzliche Rentenversicherung informiert besser als private Anbieter

So oder so, die Renteninfo kann bei der Planung des Ruhestands helfen und enthält sogar mehr Informationen als das, was private Versicherer ihren Kunden mitteilen. Wer eine Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung abgeschlossen hat, bekommt jedes Jahr eine sogenannte Standmitteilung. Darin steht, wie viel Geld der Kunde am Ende der Laufzeit voraussichtlich bekommen wird. Im Gegensatz zur Renteninfo weisen die Versicherer aber nicht auf mögliche Kaufkraftverluste durch die Inflation hin. Dabei könnten solche Zahlen den einen oder anderen womöglich inspirieren, noch mehr für die Altersvorsorge zu tun.

Beispiel: Wer in 20 Jahren 100 000 Euro von seiner Lebensversicherung bekommt, wird bei einer jährlichen Inflationsrate von 1,0 Prozent dann nach heutigen Werten eine Kaufkraft von 81 954 Euro besitzen. Beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft heißt es dazu, es gebe keine rechtlichen Verpflichtungen, solche Daten in die Standmitteilungen aufzunehmen. "Wir können das auch nicht unseren Mitgliedsunternehmen vorschreiben." In der Regel werde im Verkaufsgespräch aber schon auf mögliche negativen Folgen der Teuerung aufmerksam gemacht.

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