Allianz und Telekom:Schlechte Zahlen, hohe Dividenden

Konzerne wie Telekom und Allianz buhlen um die Gunst ihrer enttäuschten Investoren und schütten dafür hohe Dividenden aus - manchmal mehr, als sie sich eigentlich leisten können. Das ist ein Armutszeugnis für das Management, dem offenbar keine bessere Verwendung für das Geld einfällt. Warum verteilen einige Unternehmen solche Präsente?

Markus Zydra

Warren Buffett, 81, gilt als eigensinniger Mann, und dieser Eigenschaft dürfte es auch zu verdanken sein, dass es der stets hemdsärmelig auftretende Amerikaner zu einem geschätzten Privatvermögen von 50 Milliarden Dollar brachte. Buffetts Firma Berkshire Hathaway investiert seit 43 Jahren in die Aktien anderer Unternehmen. Das "Orakel von Omaha", wie er mit Verweis auf seinen Geburtsort im US-Bundesstaat Nebraska ehrfurchtsvoll genannt wird, hatte dabei oft einen guten Riecher für Profite. Deshalb vergöttern ihn seine Aktionäre - und das, obwohl er wie ein Geizhals wirkt.

Bilanzpressekonferenz der Allianz SE

Finanzchef Paul Achleitner ist unzufrieden: Zwar erreichte die Allianz das operative Gewinnziel, aber das Nettoergebnis halbierte sich.

(Foto: dapd)

Buffett hat seinen Aktionären noch niemals eine Dividende gewährt. Überschüssiges Kapital, so sein Credo, müsse arbeiten, und zwar in den Firmen. Das Geld in die Taschen der Aktionäre zu stopfen, empfände Buffett als unternehmerisches Versagen.

Mit dieser Ansicht steht der drittreichste Mensch der Welt wohl ziemlich allein da. Die Finanzmärkte erleben eine Renaissance der Dividenden, Unternehmen schütten aus, was sie können. Manchmal auch ein bisschen mehr.

So hält die Allianz ihre Dividende für 2011 unverändert bei 4,50 Euro je Aktie. Dabei ist der Gewinn des Münchner Versicherungskonzerns im Vorjahr um fast die Hälfte geschrumpft. Warum verteilt die Allianz solche Präsente? Warum spielen großzügige Dividenden mitten in der globalen Finanzkrise eine so wichtige Rolle?

Die Antwort: Unternehmen buhlen um ihre enttäuschten Investoren. Schließlich sind die Aktienkurse in den letzten Jahren meist gefallen. Schuld war natürlich die Finanzkrise. Sie hat potentiellen Aktionären die Lust am Risiko geraubt. Es gelten neue Prinzipien: Unternehmerische Hasardeure, die auf Pump in Windeseile einen globalen Konzern aufbauen wollen, finden kein Kapital mehr.

Es ist die Stunde der verlässlichen Unternehmen, und verlässlich erscheint, wer genug Geld hat, das er verteilen kann. Dividenden gelten im Allgemeinen als Indiz für die Ertragskraft eines Konzerns. Nicht nur angelsächsische Pensionsfonds legen mittlerweile großen Wert auf stabile Ausschüttungen.

Die Dividendenzahlung ist auch eine Frage der Tradition. So zahlen beispielsweise der Tabakkonzern Philip Morris und der Ölkonzern Exxon Mobil seit vielen Jahrzehnten ununterbrochen Dividenden aus. Der Rückversicherer Munich Re hat seine Dividendenzahlungen seit 1969 nicht mehr gekürzt. Die Zahlung von Dividenden hat also auch viel mit Politik zu tun. Es geht darum, ein Signal der Kraft zu senden, um so Vertrauen zu gewinnen. Doch mancher Konzern übertreibt es.

Gute Laune für verschnupfte Aktionäre

Ähnlich wie bei der Allianz ist auch bei der Deutschen Telekom der Profit im vergangenen Jahr eingebrochen, dennoch bleibt die Ausschüttung unverändert hoch bei 70 Cent je T-Aktie. Bei der Telekom ist diese großzügige Ausschüttungspolitik allerdings die Regel.

Mitunter hat der Bonner Konzern auch mehr vom Kuchen an die Eigentümer verteilt, als eigentlich da war. Die Dividende wurde dann der Substanz des schwächelnden Unternehmens entzogen. So sollten und sollen die durch Kursverluste stark verschnupften T-Aktionäre bei Laune gehalten werden.

Aktionäre haben grundsätzlich ein Anrecht darauf, am Gewinn beteiligt zu werden. Ein Teil der Überschüsse fließt in Investitionen und Bedienung der Schulden; der Rest, maximal 50 Prozent, so die Daumenregel, kann zur Dividendenzahlung verwendet werden. Jede Ausschüttung geht auf Kosten der Investitionen im Unternehmen und damit des Wachstums.

Wer hohe Dividenden bezahlt, mag einerseits die Aktionäre beglücken. Andererseits ist eine unangemessen hohe Ausschüttung auch ein Armutszeugnis für das Management, dem offenkundig keine unternehmerische Verwendung für das Geld mehr einfällt.

Eine Verteufelung der Dividenden ist dennoch unangebracht. Auch Warren Buffett freut sich über Ausschüttungen, etwa vom Rückversicherer Munich Re, dessen größter Aktionär das Orakel von Omaha ist. Der Milliardär kassiert gerne Dividenden, selbst will er aber noch nichts spendieren. Erst nach seinem Tod, so Buffetts Verfügung, sollen 99 Prozent seines Vermögens in Stiftungen für wohltätige Zwecke fließen. Das ist dann eine - philanthropische - Dividende an die ganze Welt.

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