Allianz:Das Image nimmt Schaden

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Selbst die Verantwortlichen des Münchner Konzerns sind erstaunt, welche Welle der Entrüstung die Ankündigung, knapp 7500 Arbeitsplätzen in Deutschland zu streichen, ausgelöst hat.

C. Busse und C. Dohmen

"Die Dynamik überrascht", heißt es aus Konzernkreisen. Politiker, Gewerkschafter und sogar die Kirche haben die Abbaupläne scharf kritisiert.

DGB-Chef Michael Sommer sprach sogar von "vaterlandslosen Gesellen". Jetzt gibt es auch zweifelnde Stimmen aus dem Aufsichtsrat. "Die Strategie des Big-Bang ist nicht nachvollziehbar," sagt Rudolf Hickel, Wirtschaftsprofessor in Bremen und Mitglied des Allianz-Aufsichtsrats, der Süddeutschen Zeitung. "Ein schrittweises Vorgehen wäre besser,", fügt er an.

Die Allianz hatte in der vergangenen Woche trotz milliardenschwerer Rekordgewinne die Sparpläne verkündet. "Das ist ein Schock und ein erheblicher Imageschaden", meint Hickel, der den Allianz-Umbau in Deutschland als grundsätzlich notwendig bezeichnet.

Mitten in der WM

Nun bestehe aber die Gefahr, dass zu viele Jobs gestrichen werden. Der Konzern habe die Zeit, den Abbau auch schrittweise vorzunehmen. Zudem wäre eine stärkere soziale Abfederung sinnvoll. Hickel unterstützt die Verdi-Forderung nach einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Dies garantiert die Allianz nur bis Ende 2007.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Allianz steht in der Kritik. "Die Allianz hätte Politiker und Gewerkschafter viel früher einbinden müssen", sagt ein Kommunikationsberater.

Manche Experten sprechen von einem Desaster. Befürchtet wird, dass die Allianz bald einen ähnlichen Ruf wie die Deutsche Bank als gnadenloser Verfechter von Renditezielen genießen könnte. Während jedoch Bank-Chef Josef Ackermann Rekordzahlen und Jobabbau im vergangenen Jahr in einem Atemzug verkündete, lagen bei der Allianz rund drei Monate dazwischen.

"Vielleicht ist das Timing in der Mitte der Fußball-WM gut gewählt", vermutet Oppenheim-Analyst Stephan Kalb. Im Schatten der Fußballeuphorie könnten die Abbaupläne schneller untergehen. "Das ist völlig Quatsch", so ein Sprecher. Es bestehe kein Zusammenhang, das Konzept sei langfristig erarbeitet.

Der Personalabbau findet in erster Linie im Innendienst statt. Aber auch der Vertrieb mit den rund 11.000 selbständigen Allianz-Vertretern wird unruhig. "Das rücksichtslose Vorgehen wird Verbraucher vom Kauf der Policen abschrecken," fürchtet Wolfgang Kaup vom Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK).

Der Abbau der Verwaltungskräfte werde zu einer Mehrarbeit der selbständigen Agenturen führen, sagt BVK-Vize Günter Hofbauer, gleichzeitig Inhaber einer Allianz-Agentur: "Am Ende geht diese Unternehmenspolitik zu Lasten der Kunden für die der Berater weniger Zeit hat."

Noch in dieser Worte wird es in Nordrhein-Westfalen ab Mittwoch erste Warnstreiks der Allianz-Beschäftigten geben. "Dies ist beschlossene Sache", sagt Verdi-Funktionär Frank Fazzin. Schwerpunkt der Aktion dürfte Köln sein, den Standort will die Allianz ganz schließen.

Bisher hat sich die Allianz laut Verdi noch kein Stück auf die Gewerkschaft zubewegt. "Jetzt müssen wir die Allianz zum Reden zwingen", sagt Fazzin. Auch Wirtschaftsministerin Christa Toben hat sich bereits eingeschaltet und erwartet nach Aussage eines Sprecher eine Korrektur der Allianz-Pläne.

Als "Nebelkerzen" bezeichnet Verdi Bemühungen der Allianz, die Kölner Beschäftigten bei anderen Versicherern wie AMB-Generali unterzubringen. AMB verlagert derzeit seine Zentrale mit 80 Stellen von Aachen nach Köln. Verdi erwartet aber, dass AMB insgesamt ebenfalls 1500 Stellen abbauen wird.

© SZ vom 27.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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