Air Berlin:Keine Meilen mehr für Vielflieger

Etihad stoppt nach der Insolvenz der Fluggesellschaft das Topbonus-Programm. Auch bereits gesammelte Guthaben können nicht mehr eingelöst werden, bis Klarheit über die Situation herrscht.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Kunden der Fluggesellschaft Air Berlin bekommen nur fünf Tage nach dem Insolvenzantrag die ersten gravierenden Einschränkungen zu spüren. Passagiere können bei Air Berlin keine Meilen im Rahmen des Vielfliegerprogrammes Topbonus mehr sammeln und bereits gesammelte Guthaben auch nicht mehr einlösen. Dies sei notwendig, bis Klarheit über die Situation bei Air Berlin herrsche, hieß es bei Topbonus-Eigner Etihad Airways. Ein Air-Berlin-Sprecher sagte, es sei bedauerlich, dass Etihad Topbonus offenbar nicht mehr fortführen wolle.

Air Berlin hatte am vergangenen Dienstag einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt und einen Brückenkredit der Bundesregierung in Höhe von 150 Millionen Euro erhalten, um wenigstens den Flugbetrieb fortsetzen zu können. Am Freitag begannen Verhandlungen mit der Lufthansa, die Interesse an der Übernahme von bis zu 90 Flugzeugen und Strecken vor allem in Berlin und Düsseldorf gezeigt hat. Sie will Mitarbeitern der Air Berlin neue Stellen bei ihrer Billigtochter Eurowings anbieten. Die Verhandlungen wurden über das Wochenende fortgeführt, es gab aber bis Sonntagabend keine konkreten Ergebnisse.

In den nächsten Tagen sollen Gespräche mit anderen Kaufinteressenten geführt werden, darunter Easyjet und der Luftfahrtunternehmer Hans Rudolf Wöhrl. Laut Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann haben sich bisher mehr als zehn Unternehmen gemeldet und Interesse an Air Berlin oder Teilen davon gezeigt. Auch die Thomas-Cook-Tochter Condor und Tuifly wollen angeblich an dem Verfahren teilhaben. In Branchenkreisen hieß es am Wochenende, das überraschende Auftreten von Wöhrl habe die vor Monaten erarbeiteten Pläne der Lufthansa gehörig durcheinandergebracht. Anders als Lufthansa, die keine Unternehmensteile kaufen will, setzt Wöhrl darauf, mithilfe einer Gruppe von Investoren Air Berlin als Ganzes zu erhalten. Ein Komplettverkauf ist laut Thomas Winkelmann aber unwahrscheinlich. "Es wird nicht einen, sondern zwei oder drei Käufer geben", sagte der Air-Berlin-Chef der Bild am Sonntag. In der Insolvenz könnte sich Air Berlin von ihrem Schuldenberg in Höhe von 1,5 Milliarden Euro befreien, allerdings müssten die Gläubiger dafür einem entsprechenden Insolvenzplan zustimmen. Lufthansa ist wegen Vorauszahlungen für Flugzeugmieten einer der größten Air Berlin-Gläubiger. Insider betonen auch, dass der Vorstoß Wöhrls womöglich zu spät kommt, denn die Zeit drängt. Wöhrl hatte einst sowohl die DBA als auch LTU gekauft und die beiden Fluggesellschaften später an Air Berlin verkauft.

Am Montag tritt die Gläubigerversammlung zusammen. Wie schnell sich die Lage in den vergangenen Tagen verschlechtert hat, zeigt das Beispiel Topbonus: Nach SZ-Informationen nahm Air Berlin noch am Donnerstag Meilenbuchungen ihrer Kunden für Flüge in den nächsten Tagen an, am Freitag wurden die Buchungen dann wieder storniert. Topbonus ist zwar das Vielfliegerprogramm der Air Berlin. Aber Ende 2012 und damit etwa ein Jahr nach ihrem Einstieg bei Air Berlin hatte Haupteigner Etihad 70 Prozent der Anteile an Topbonus für 185 Millionen Euro gekauft. Es war eine der ersten Rettungsaktionen für die schon damals finanziell angeschlagene Air Berlin.

Nachdem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt forderte, in Deutschland benötige man einen "nationalen Champion", nämlich die Lufthansa, und damit politisch in das Insolvenzverfahren eingriff, warnen andere vor Folgen für den Wettbewerb. Achim Wambach, Chef der Monopolkommission, kritisierte eine politisch motivierte Bevorzugung der Lufthansa. Zwar sei gegen einen höheren Marktanteil der Airline im internationalen Luftverkehr nichts einzuwenden, dies überzeuge aber nicht, "wenn im Gegenzug auf Wettbewerb auf deutschen Strecken verzichtet würde". Im innerdeutschen Flugverkehr ist Air Berlin der einzig nennenswerte Konkurrent, nach einem Verschwinden hätte Lufthansa auf Märkte wie Frankfurt - Berlin und München - Hamburg ein Monopol. Die Kommission berät die Regierung in Wettbewerbsfragen.

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