Agrarhandel:Brückenbauer aus Brüssel

Die Europäische Union dringt beim Ministertreffen der Welthandelsorganisation auf einen Abbau der Exportförderungen beim Agrarhandel. Und die EU muss in Nairobi zwischen den USA und Indien vermitteln.

Von Alexander Mühlauer

Manchmal ist die Wahrheit ziemlich schlicht. Fragt man Cecilia Malmström, ob es nicht doch möglich sei, einen Durchbruch beim globalen Doha-Abkommen zu erreichen, sagt sie: "Es gibt kein inhaltliches oder wirtschaftliches Problem, das uns von einem Deal abhalten könnte." Es gehe rein um Politik, erklärt die EU-Handelskommissarin, eben darum, den Kampf vom Juli 2008 zu wiederholen und zu sehen, wer diesmal die Schuld trägt. Damals, vor sieben Jahren in Genf, scheiterten die Verhandlungen der Doha-Runde. Mal wieder.

Malmström und ihr Kommissarskollege Phil Hogan, zuständig für Landwirtschaft, reisen von Brüssel nach Nairobi. Sie vertreten die Interessen der Europäischen Union. Doch bereits vor ihrem Abflug dämpfen sie die Erwartungen. Sie beschreiben die Erfolgsaussichten als sehr unsicher und richten sich mit einem ungewöhnlichen Appell an die Mitglieder der Welthandelsorganisation: "Wir fühlen uns gezwungen, unsere WTO-Partner aufzufordern, im guten Glauben an den Verhandlungstisch zu kommen." Dieser Aufruf an sich hat schon etwas Hilfloses und sagt eigentlich fast alles über die gegenseitigen Vorurteile der WTO-Partner.

Inhaltlich dringen die beiden EU-Kommissare vor allem darauf, wettbewerbsverzerrende Exportförderungen im Agrarhandel abzuschaffen. Zusammen mit Brasilien, Argentinien, Neuseeland, Paraguay, Peru und Uruguay hat die Europäische Union einen Vorschlag gemacht, wie Agrarsubventionen und andere Förderungen bekämpft werden könnten. Seien es nun Zuschüsse, Kredite oder staatliche Nahrungsmittelhilfen. Die EU selbst ist dazu bereit, ihr Recht auf Exportsubventionen aufzugeben - allerdings nur, wenn andere ebenso handeln, um staatliche Eingriffe bei Ausfuhren zu stoppen.

Dieses Ziel mag kleinteilig anmuten - und das ist es auch. Denn im Mittelpunkt der Verhandlungen steht ja nicht mehr die Frage, welche Teilabkommen zur weiteren Handelsliberalisierung doch noch verabschiedet werden könnten, sondern die Frage, ob und wie die Doha-Runde fortgesetzt werden kann. Die EU sträubt sich dagegen, Doha für gescheitert oder gar für beendet zu erklären. Die Europäer wollen vielmehr den Rahmen der Verhandlungen erweitern. Es soll künftig auch um Bereiche wie den digitalen Handel oder Investitionen gehen.

Im Grunde wird die EU erneut die Rolle des Brückenbauers spielen müssen. Die Europäer werden weiter versuchen, zwischen den extremen Positionen der USA und etwa Indiens zu vermitteln. Denn in Brüssel wollen sie im Grundsatz das Gleiche wie in Washington: Dass Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien künftig mehr Konzessionen machen als die übrigen Entwicklungsländer. Die EU lehnt allerdings das radikale Vorgehen der USA ab. Anstatt die Schwellenländer schriftlich zu zwingen, sollen diese auf informellem Wege immer stärker eingebunden werden. Diese Taktik habe bereits mit China schon ganz gut funktioniert, heißt es in Brüssel.

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