Affäre um Goldman-Sachs-Banker Dibelius:Verbotene Liebe

Affäre um Goldman-Sachs-Banker Dibelius: Alexander Dibelius mit seiner Frau Andrea

Alexander Dibelius mit seiner Frau Andrea

(Foto: Imago Stock&People)

Alexander Dibelius, Deutschland-Chef von Goldman Sachs, ist einer der mächtigsten Banker Europas. Doch nun könnte ein privater Rosenkrieg die Kunden verschrecken: Dibelius droht eine teure Scheidung, seine neue Lebensgefährtin ist Schauspielerin in einer Seifenoper.

Von Uwe Ritzer, Frankfurt

Ein Mann, viele Geschichten. Ein Herzchirurg, der Investmentbanker wurde. Er fuhr mal ein Auto zu Schrott, kletterte aus dem Wrack, hielt den nächstbesten Wagen an, stieg ein und bat den Fahrer, nur ja schnell zu fahren, schließlich habe er einen geschäftlichen Termin. Bei den Promi-Skirennen in Davos duldete er niemanden vor sich. In München baute er die Villa von Thomas Mann neu auf, als Wohnsitz für sich. Und dann sind da neben den Geschichten noch die vielen Etiketten, die ihm anheften: Überflieger, genial, blitzgescheit und blitzschnell, maßlos ehrgeizig, durchtrainiert, bei Bedarf schlaflos, in seinen Geschäften breitbeinig wie ein Cowboy, mit lockerem Colt.

Gestatten: Alexander Dibelius, 54.

Halb-Europa-Statthalter der US-Investmentbank Goldman Sachs mit Sitz in Frankfurt, einer der mächtigsten und reichsten Banker des Kontinents. Der Mann für die ganz großen Deals. Er verkuppelte Daimler mit Chrysler, kaperte mit Vodafone Mannesmann und rettete die Familienunternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler vor dem Ersticken an den Milliardenschulden aus der Continental-Übernahme. Und nun das: Ausgerechnet ihm, dem großen Strategen, drohen die Dinge nun aus dem Ruder zu laufen.

Kurz vor Weihnachten ging es los. Irgendjemand steckte der Bild am Sonntag, dass Dibelius eine Luxusimmobilie mitten in London gekauft hat. Nicht einfach so, sondern getarnt über eine Briefkastenfirma, die wie eine Mafiafamilie heißt und auf den Britischen Jungferninseln registriert ist, einer Steueroase. Alexander Dibelius ein Steuerhinterzieher im großen Stil? Einer wie Zumwinkel oder Hoeneß?

Ein paar Tage später die nächste Peinlichkeit: In seiner Steuererklärung wurden Dollar und Rubel verwechselt, zu seinen Gunsten. Statt einer halben Million seien 19.000 Euro Gehalt aus seinen Russland-Geschäften für Goldman Sachs beim Finanzamt angegeben worden, hieß es. Ein Irrtum seines Steuerberaters, ließ Dibelius verlauten. Doch wer wollte das glauben?

Seither haben sie wieder ein Gesicht in der Öffentlichkeit, die gierigen Investmentbanker, diese flüchtigen Figuren aus der Welt des kurzfristigen, rücksichtslosen Gewinnstrebens: das Gesicht des Alexander Dibelius. Hatte er nicht nach der Finanzkrise groß getönt, seine Zunft habe es übertrieben mit ihren riskanten Papieren und den Spekulationen? Hatte er nicht lauthals maßhalten propagiert?

Seither kämpft Alexander Dibelius um seine Reputation. Er tut es nicht offensiv, denn er schweigt. Auch sein Umfeld blockt ab. Der Hintergrund wirkt geradezu profan. Dibelius und seine Frau Andrea haben sich auseinandergelebt. Über ihre Anwälte kämpfen sie um Geld, sehr viel Geld. Das Vermögen des Alexander Dibelius wird auf 300 Millionen Euro geschätzt. Einen Ehevertrag gibt es nicht.

Seine Frau hat die Scheidung in London eingereicht. Britische Scheidungsrichter teilen das Vermögen am liebsten fifty-fifty. Zumindest den Zugewinn während der Ehe. Das hieße, dass Andrea Dibelius womöglich mit 100 bis 150 Millionen Euro rechnen könnte. 70 Millionen würden ihr schon reichen, ließen ihre Anwälte seine Anwälte wissen und verlangten gleich einmal zehn Millionen Euro als Signal des guten Willens. Alexander Dibelius will sich hingegen in München scheiden lassen; nach deutschem Recht käme er wohl billiger weg. Er hat eine neue Lebensgefährtin, Schauspielerin in der Seifenoper "Verbotene Liebe", und die ist schwanger. Schon lauern die Boulevardblätter auf einen Rosenkrieg und "die teuerste Scheidung seit Jahren".

Die Kundschaft ist sensibel

Möglich, dass das eine mit dem anderen in Zusammenhang steht. Dass es kein Zufall ist, dass höchst private Dokumente über Immobiliengeschäfte und verwechselte Devisen gerade jetzt auftauchen. Der Anwalt von Andrea Dibelius wollte sich auf Anfrage generell nicht äußern.

Für ihren Noch-Ehemann Alexander wäre ein langer schmutziger Scheidungskrieg in aller Öffentlichkeit schlecht für das Geschäft. Die Kundschaft ist sensibel. Wer riesige Millionen- oder gar Milliardendeals abwickelt, will Ruhe haben. Und keinen Banker, über den sich die Leute das Maul zerreißen. "Alexander muss aufpassen", sagt ein Freund, der anonym bleiben möchte. "Wenn das lange dauert und noch mehr hoch kommt, werden Kunden zuerst vorsichtig und dann abspenstig."

Dibelius' Geschäftsmodell funktioniert nur hinter der Kulisse, nicht auf der Bühne. Gewiss, es gibt die Fotos von Schickimicki-Events, auf denen das Noch-Ehepaar lächelnd posiert. Doch im Gegensatz etwa zu Josef Ackermann, dem teddybärhaften Ex-Chef der Deutschen Bank, würde der sportliche Asket Dibelius nie aus TV-Talkshows heraus bräsig die Nation belehren.

Der Mann mit dem südländischen Habitus und dem messerscharfen Scheitel ist bestens vernetzt bis hin zur Kanzlerin. Wenn er belehrt, dann im kleinen Kreis. Unablässig gestikulierend, die Luft mit den Händen zerhackend, in einer Mixtur aus Deutsch und Englisch und strukturiert in der Argumentation: Erstens, zweitens, drittens. So regiert er vom 60. Stock des Frankfurter Messeturms sein Finanzreich. Seit 1993 ist er bei Goldmann Sachs, entgegen dem Klischee vom kurz angebundenen Investmentbanker. Manch Unternehmen, das mit ihm zusammenarbeitet, hat in dieser Zeit mehrere CEOs verschlissen.

Alexander Dibelius stammt aus einer Pfarrers- und Musikerfamilie. Vater Ulrich war ein bedeutender, aber eher brotloser Musikwissenschaftler. "So mancher Metzgerssohn in meiner Klasse hatte mehr Geld als ich", erzählte der Sohn einmal. Er selbst schmiss in der Pubertät um ein Haar das Gymnasium. Die Mutter ging mit ihm zum Arbeitsamt. Der Berufsberater riet zur Ausbildung als Bademeister. Ein Leben lang Patrouille am Schwimmbecken? "Da hat es bei mir klick gemacht", sagt er.

Bestes Abitur in Bayern. Hochbegabtenförderung. Medizinstudium. In einem Alter Arzt, in dem andere noch ihre Zukunft planen. Herzchirurg in Freiburg und Südafrika, an der Klinik des berühmten Herzverpflanzers Barnard. "Wenn ich nicht zur Bundeswehr gemusst hätte, wäre ich als Arzt dort geblieben." In Südafrika wohlgemerkt, nicht in Deutschland, wo das Gesundheitssystem verkrustet ist.

Lieber heuerte Dibelius bei der Unternehmensberatung McKinsey an. Anfangs fühlte er sich als Mediziner fehl am Platz unter all den Wirtschaftlern und Juristen. Dass sie Bilanzen lesen und die Lotus-1-2-3-Kalkulations-Software aus dem Effeff beherrschten, stachelte ihn an. Er arbeitete Tag und Nacht. Das sagt man ihm heute noch nach. Wer so für seinen Erfolg kämpft, der kann nicht verlieren. Der steht nicht über den Dingen. Der wehrt sich, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, denn das empfindet er als schlimmer als jede Kritik an seiner Arbeit.

Freunde erzählen, Dibelius habe soeben eine Armada von Juristen, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern die privaten Geschäfte prüfen lassen; angeblich fanden sie keine Leichen im Keller. Gut möglich, dass von den Vorwürfen juristisch kaum etwas übrig bleibt. Der Kauf von Luxusimmobilien im teuren Londoner Stadtkern über Tarnfirmen auf den Jungferninseln ist ein beliebtes Monopoly-Spiel der Superreichen. Man mag das moralisch verwerflich finden, aber nach britischem Recht ist es legal. Die Rechenfehler mit Rubel und Dollar kosten Dibelius 1000 Euro, was ist das schon für einen, der zig Millionen verdient? Bis jetzt nur eine Imagebeule, sonst nichts. Weiter geht die Fahrt.

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