Ärger beim Aktionärstreffen:Machtkampf um Volkswagen

Übernimmt Porsche Volkswagen oder kauft Volkswagen Porsche? Überraschend haben sich die Vorzeichen im Auto-Deal verschoben - und der Ärger darüber entlädt sich bei der VW-Hauptversammlung.

Michael Kuntz

Der Einstieg von Porsche bei Volkswagen stößt auf immer mehr Widerstände. Nach Angaben aus Finanzkreisen hat Porsche Probleme, den Deal zu finanzieren. Porsche dementiert. Gleichzeitig lässt Volkswagen jedoch bei der Hauptversammlung Spekulationen unwidersprochen, VW rechne bereits eine Übernahme von Porsche durch.

Porsche, Volkswagen, ddp

Dreht Volkswagen den Spieß um und versucht, Porsche zu übernehmen? Dazu schweigt das Unternehmen.

(Foto: Foto: ddp)

Die Hauptversammlung bei Europas größtem Autohersteller ist die Stunde der Gegner von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Seit September 2005 arbeiten er und sein Finanzchef Holger Härter an der Übernahme des dreißigmal größeren Volkswagen-Konzerns. Porsche hält 50,8 Prozent und will auf mindestens 75 Prozent aufstocken, wenn die wirtschaftliche Lage es zulässt. Das System ausgeklügelter Optionsgeschäfte von Härter ist in der Finanzkrise an Grenzen gestoßen, wird in Medien spekuliert.

Forsche Art

Der Aufwand für die Verzinsung der notwendigen Kredite übersteigt angeblich bereits die Erträge aus dem laufenden Geschäft mit Sportwagen. Ein Porsche-Sprecher dementiert das entschieden. Das Unternehmen führe auch keine Gespräche mit Investoren, die Porsche aus einer Klemme helfen müssten.

Bei der Hauptversammlung fragt ein Aktionär: Wie werde sich Volkswagen verhalten, wenn sich Porsche bei der Übernahme verzockt habe? Winterkorn: "Dies werden wir entscheiden, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Wir werden dabei auch die Interessen der Aktionäre berücksichtigen."

Besonders Wiedeking hat mit seiner forschen Art viele Manager, Politiker und Arbeitnehmer verprellt. Sein Finanzmann Härter hat sich mit gewonnenen Finanzwetten in der Geldszene Feinde geschaffen. Nicht nur der Großindustrielle Adolf Merckle, der sich das Leben nahm, hat mit VW-Spekulationen viel Geld verloren. Nach Einschätzung aus Industriekreisen starten nun vor allem Banker eine Art Rachefeldzug gegen Porsche. In der Krise zeigen sie den bislang so erfolgreichen Managern ihre Grenzen auf. "Das ist jetzt die Stunde der Rache", sagt ein Kenner der Szene.

Wulff: Von Porsche unterschätzt

Eine zentrale Rolle im Streit um die Macht bei Volkswagen und Porsche spielt der niedersächsische Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff (CDU) als Moderator, der scheinbar den Ausgleich sucht. Das politische Schicksal des Politikers ist verflochten mit dem von VW. Die Gleichung lautet: Geht es VW gut, geht es Niedersachsen gut. Nur so bleiben die gutbezahlten Jobs von fast 100.000 Menschen gesichert und die Standorte von VW erhalten.

Der Investor Porsche hat Wulff lange unterschätzt. Dabei hat der Politiker bei der Rotlicht-Affäre der VW-Betriebsräte seine Hartleibigkeit bewiesen und die rückhaltlose Aufklärung durchgesetzt. Sein Verhältnis zum Aufsichtsratsvorsitzenden und früheren Konzernchef Ferdinand Piëch war vorübergehend eisig.

Wiedeking und sein Finanzmanager Holger Härter haben nach Einschätzung im Umfeld des VW-Aufsichtsrates wohl geglaubt, dass sich ein Konzern wie ein Sportwagen einfach aus Einzelteilen zusammenschrauben lässt. Wulff hat ihnen gezeigt, dass das einstige Staatsunternehmen VW auch nach der Privatisierung noch anders tickt als normale Konzerne. Porsche bekommt den Einfluss des Großaktionärs Niedersachsen und die starke Vertretung der Arbeitnehmer zu spüren.

"Fragen Sie mich etwas Leichteres"

Wiedeking war lange von der Abschaffung des VW-Gesetzes überzeugt. Wulff hat ihm vorgeführt, wie man politische Mehrheiten organisiert und dafür sorgt, dass die EU-Kommission eine umfangreiche juristische Prüfung eingeleitet hat. Die kann wohl vor der Bundestagswahl nicht mehr abgeschlossen werden.

Ein Teil des Streits mit Porsche konnte dagegen beigelegt werden. Bei der VW-Hauptversammlung stimmten beide Großaktionäre der Abschaffung von Entsendemandaten für den Aufsichtsrat und dem Höchststimmrecht für Aktionäre zu, so wie es der Europäische Gerichtshof gefordert hatte. Die Sperrminorität des Zwanzig-Prozent-Aktionärs Niedersachsen bleibt. Vor einem Jahr wurde diese Diskussion noch an Juristen delegiert. Porsche drohen jahrelange Prozesse, wenn es seinen Konfrontationskurs gegen Niedersachsen fortsetzt.

"Auf dem Weg des Zusammenwachsens sind wir in den letzten Monaten ein gutes Stück vorangekommen", erklärte VW-Chef Winterkorn den Aktionären zum Verhältnis von VW zu seinem Mehrheitseigentümer. "Diese Allianz hat ein enormes Potential." Wann übernimmt Volkswagen Porsche? Der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch sagte dazu am Rande der Hauptversammlung: "Fragen Sie mich etwas Leichteres."

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